"Der Bundeskanzler hat (...) nicht der Aufforderung zur Vorlage von vom Antrag betroffenen Akten und Unterlagen entsprochen", schreibt der Verfassungsgerichtshof, und weiter: "Daher ergeht die erneute Aufforderung an den Bundeskanzler, dem Verfassungsgerichtshof bis 26. April alle vom Antrag betroffenen Akten und Unterlagen vorzulegen".
Was sich trocken anhört, ist eine Mahnung des Höchstgerichts an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), eine Reihe von E-Mailpostfächern zu übermitteln, die er bzw. seine Mitarbeiter in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2019 geschrieben haben. Konkret geht es um die persönlichen Mailadressen sebastian.kurz@bka.gv.at sowie gernot.bluemel@bka.gv.at sowie um jene zahlreicher Kabinettsmitglieder, die die Opposition beantragt hat, um politische Vorgänge während der türkis-blauen Bundesregierung zu prüfen.
Bisher hat Kurz diesem Ansuchen aber nicht Folge geleistet - weswegen die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos zum VfGH gezogen waren, der über solche Beweisanträgen entscheiden kann.
Kurz selbst behauptet, er habe alle für den Untersuchungsgegenstand relevanten und noch vorhandenen Unterlagen schon übermittelt - eine Prüfung, die aber im Detail dem Höchstgericht zusteht, das anhand der vorgelegten Mails selbst beurteilen will, was dem U-Ausschuss zur Verfügung stehen soll und was nicht.
Aber da kommt eine weitere Komplikation ins Spiel: "Was es nie gegeben hat, was vernichtet wurde, das kann natürlich auch nicht geliefert werden", sagt Kurz - viele Unterlagen seien nicht mehr vorhanden. Sein Kabinett habe nach seiner Abwahl 2019 die Unterlagen des Kanzleramts durchforstet, alles Relevante habe man dem Staatsarchiv übermittelt, alles nicht Relevante vernichtet.
Weitgehend gelöscht wurde offenbar der Kalender des Bundeskanzlers aus seiner ersten Amtszeit 2017 bis 2019. Alle Termine, die im Zusammenhang mit Verwaltungsakten gestanden wären, seien dem Staatsarchiv übermittelt worden, heißt es aus Kurz' Team. "Aber der Kalender wird als persönliches Schriftgut gesehen und ist gelöscht worden."
Während der VfGH nun auf eine Lieferung weiterer Akten kommende Woche hofft und bis Mitte Mai entscheiden will, was der Ausschuss bekommt, übt die Opposition Kritik: "Jetzt weigert sich Kurz sogar schon, dem VfGH diese Akten und Unterlagen zu liefern, die der für seine Entscheidung braucht", so SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer: "Kurz muss verstehen lernen, dass er nicht über dem Gesetz und der Verfassung steht."
"Mit Spannung" wartet Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, ob der Kanzler der Aufforderung des VfGH nachkommt. Da sich schon einige Antworten im U-Ausschuss als falsch herausgestellt hätten, "erwarten wir aufmerksam die Reaktion des Bundeskanzleramtes an den VfGH", so Krisper.
Georg Renner