Schon bevor der zweite Tag der Regierungsklausur im Bundeskanzleramt begann, waren erste Ergebnisse kommuniziert worden: So wurde der Plan bekannt, dass Geimpfte, die bereits voll immunisiert sind, von der Testpflicht ausgenommen werden könnten.
Im Ö1-Morgenjournal wurde Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag noch konkreter: Er stellte in Aussicht, dass es Mitte Mai in ganz Österreich eine breite Öffnung von so gut wie allen Bereichen geben könnte "unter sehr strengen Auflagen", wie Kurz betonte. Auch Wien und Niederösterreich, die sich derzeit in strengem Lockdown befinden, sieht Kurz bis Anfang Mai so weit, dass Schulen und Geschäfte wieder geöffnet werden können.
Der frisch angelobte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) wusste am Dienstag früh noch nichts von einem konkreten Datum für das Ende des Ost-Lockdowns. Das werde man mit den Ländern und Sozialpartnern entscheiden, sagte er und: "Ich habe das Morgenjournal nicht gehört."
Mückstein hatte am Dienstag vor dem Arbeitstreffen mit seinen Regierungskollegen die größte Impfstraße Österreichs im Wiener Austria Center besucht. Anders als angekündigt griff der Arzt nicht selbst zur Spritze. Er assistierte der Chefärztin des Arbeiter-Samariterbundes, Susanne Drapalik bei der Impfung von Personen.
Im Anschluss fuhr Mückstein im E-Dienstwagen zur Regierungsklausur am Ballhausplatz. Dort wurden Maßnahmen zur Konjunkturbelebung, für den Arbeitsmarkt und zum Klimaschutz beschlossen.
Die Ergebnisse der eineinhalbtägigen Klausur präsentierten Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentierten am Dienstag zu Mittag.
Bereits verkündet wurde, dass die Investitionsprämie von drei auf fünf Milliarden Euro ausgedehnt werden soll. Dadurch sollen Investitionen in Höhe von 55 Milliarden bewegt werden. Doppelt so hoch sind die Zuschüsse, wenn sie die Digitalisierung, Ökologisierung oder Gesundheit betreffen. Eine halbe Million Menschen sollen, so die Hoffnung, wieder Arbeit finden.
"Die wirtschaftlichen Daten zeigen, dass wir in Richtung einer Erholung gehen", so Finanzminister Blümel. Die Krise sei allerdings noch nicht vorbei. Auch der Wiederaufbau-Plan der EU ist ein Teil des österreichischen Comeback-Plan. Letzte Woche hat die Regierung ihre Vorhaben an die Europäische Kommission gemeldet.
"Wir haben vorsorglich Projekte im Umfang von 4,5 Milliarden eingereicht", so Blümel. "Aktuell gehen wir davon aus, dass rund 3,5 Milliarden Euro wieder zurückfließen werden."
Als Projekte nannte Blümel exemplarisch:
- Investitionen in Quantenforschung (107 Millionen Euro)
- Den Ausbau der Forschungskompetenz im Bereich Wasserstoff (100 bis 125 Millionen) bei Unternehmen und Forschungseinrichtungen
- Die Digitalisierung der Schulen (172 Millionen Euro)
- Investitionen in den Ausbau der medizinischen Primärversorgung ( 100 Millionen Euro)
Wie die konkreten Projekte ausgestaltet werden sollen, konnte Blümel nicht sagen. Das liege bei den Fachressorts.
CO2-Preis ab 2022
Leonore Gewessler betonte, dass man drei Krisen zu lösen habe: "Die Gesundheitskrise - durch Durchhalten und Impfen. Die Wirtschaftskrise - durch kluge Investitionen. Und die Klimakrise." Durch "kluge Entscheidungen" wolle man Arbeitsplätze schaffen und im Wettbewerb um die grünsten Produkte einen Startvorteil schaffen.
Die Coronakrise hat zu einem kurzfristigen Rückgang der Treibhausgasemissionen geführt. Um eine nachhaltige Reduktion zu erzielen, brauche es jedoch strukturelle Veränderungen, so Gewessler: "Investitionen und Reformen zur schrittweisen Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs sowie zur Dekarbonisierung der Industrie sind ein Herzstück auf dem Weg zur Klimaneutralität 2040."
Mit 50 Millionen Euro für Gemeinden sollen Ortskerne aufgewertet werden und Gemeindegebäude energieeffizient saniert werden.
Die Ökosoziale Steuerreform hat die Regierung auf das erste Quartal 2022 verschoben. Dann soll eine CO2-Bepreisung kommen, so Gewessler: "Umbauen bedeutet auch Reformieren. Klimaschutz muss ein relevantes lenkendes System im Steuersystem werden."
Beteiligung an Lohnkosten für Langzeitarbeitslose
Arbeitsminister Martin Kocher gab einen Überblick über den Arbeitsmarkt:
- Vor rund einem Jahr, im April 2020 lag die Arbeitslosigkeit auf einem Höchststand mit über 533.000 Arbeitslosen.
- "Mit derzeit rund 359.000 Arbeitslosen stehen wir derzeit weitaus besser da", so Kocher.
- Seit Jahresbeginn wurden rund 175.000 Arbeitslose wieder in Beschäftigung gebracht.
- Auch im Wochenvergleich gibt es erneut sinkende Zahlen mit 4.600 arbeitslosen Personen weniger. "Trotz Ost-Lockdown", wie Kocher betont.
Insbesondere für Langzeitarbeitslose machen Kocher Sorge: "Wir müssen Strukturen schaffen, die es Industriebetrieben, KMUs und gemeinnützigen Unternehmen ermöglicht, Langzeitarbeitlose in Beschäftigung zu bringen", so der Arbeitsminister. Dazu schuf die Regierung das Programm "Sprungbrett". Unter Einbindung von Betrieben, insbesondere auch großen Leitbetrieben" sollen Langzeitarbeitslose wieder einen Job finden. Im Vorfeld sind Beratungen geplant, es soll Unterstützung bei der Vermittlung geben und eine öffentliche Beteiligung an den Lohnkosten.
Die Atmosphäre in der Koalition sieht Finanzminister Blümel nicht getrübt. Auch Klimaschutzministerin Gewessler pflichtete ihm bei. "Niemanden wird wundern, dass wir zwei Parteien mit unterschiedlichen Ausgangspositionen sind. Am Ende ist wichtig, dass ein substanzielles Ergebnis herauskommt."
Veronika Dolna