Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) machte nach seiner Befragung im "kleinen U-Ausschuss" zu den Corona-Beschaffungen klar, "dass der Gesundheitsminister keine Verantwortung"dafür trage, dass nicht das gesamte mögliche Impfkontingent bezogen worden ist, "sondern (der damals zuständige Impfstoffkoordinator, Anm.) Clemens Martin Auer nicht sehr verantwortlich vorgegangen ist".
Weiters betonte er, dass Österreich im zweiten Quartal "zusätzlich" rund eine Million zusätzliche Impfdosen von Biontech/Pfizer erhält. Zum Vorhalt der Opposition, diese Dosen würden lediglich vorgezogen, sagte Kurz, dies sei eine akademische Diskussion, denn der Impfstoff werde jetzt benötigt. "Ich spreche gerne von zusätzlichen Dosen", so der Kanzler.
Die Fraktionsführer der Opposition im kleinen U-Ausschuss zeigen sich nach der Befragung ernüchtert. "Der Kanzler hat keine Verantwortung übernommen, er hat sie nur bei allen anderen gesucht, insbesondere bei Auer", sagte SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner.
Dass Kurz über die Vorgänge bezüglich der Impfstoffbeschaffung nicht informiert gewesen sei, könne nicht der Wahrheit entsprechen, so Greiner. Sie verweist auf Beamtenbesprechungen zu den Impfstoff-Lieferungen, die drei Mal die Woche unter Beisein des Kabinettschefs des Kanzlers stattfanden. "Dann zu sagen, ich war nicht informiert oder zu spät, ist billig und eines Kanzlers unwürdig", so Greiner.
Auch auf den Vorwurf der Opposition, die Regierung habe bei der Beschaffung der Impfstoffe im vergangenen Jahr einen Kostendeckel von 200 Millionen Euro eingezogen, soll Kurz mit Unwissenheit reagiert haben. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man so naiv ist und etwas zur Chefsache erklärt und sich dann nicht davon berichten lässt bzw. sich auch nicht mit dem eigenen Finanzminister darüber abspricht, wie viel Geld für Impfungen eingeplant ist", so Neos-Fraktionsführer Douglas Hoyos.
Auch Rot-Kreuz-Kommandant Foitik befragt
Bei der ebenfalls am Donnerstag erfolgten Befragung des Rot Kreuz Kommandanten Gerald Foitik sei klar geworden, dass die Impfungen "zu spät, zu zögerlich" begonnen hätten und dass durch den Kostendeckel von 200 Mio. Euro zu wenig Impfstoff besorgt habe werden können. "Zu sagen, es gab diesen Deckel nie, ist unwahr", so die SPÖ-Abgeordnete Greiner, die u.a. auf ein Interview des scheidenden Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne) verwies, der gesagt habe, es wäre ihm lieber gewesen, den Deckel hätte es nie gegeben. Auch sei die Obergrenze "aktenkundig".
Auch FPÖ-Fraktionsführer Wolfgang Zanger zeigte sich im Anschluss an die Befragung verärgert. "Dafür, dass der Herr Kurz sämtliche Entscheidungen in der Corona-Krisenpolitik zur Chefsache erklärt hat, schiebt er erstaunlich oft die Verantwortung von sich", sagte er. Auch bei den im Ausschuss debattierten Fragen zu Intensivbetten und anderen Ressourcen habe Kurz ständig darauf verwiesen, dass dies Sache des Gesundheitsministeriums sei.
Bei dem sogenannten "kleinen U-Ausschuss" handelt es sich um den "ständigen Unterausschuss des Rechnungshofes". Er ist, im Gegensatz zum Ibiza-U-Ausschuss, nicht medienöffentlich. Die Befragten stehen auch nicht unter Wahrheitspflicht.