"Unpopuläre Entscheidungen" werde er treffen, wenn es nötig ist, hat der designierte Gesundheitsminister Wolfgang Mücksteinbei seinem Vorstellungstermin gestern, Dienstag, verkündet. Daraus, dass er den Lockdown für das einzig probate Mittel im Kampf gegen die Pandemie hält, machte er dabei kein Geheimnis. Sollten sich die Auslastungszahlen auf den Intensivstationen in den anderen Bundesländern ähnlich verhalten wie jene in der Ostregion, werde er handeln, erklärte er.
Dass dem Allgemeinmediziner und Politik-Quereinsteiger bei dieser Frage aber mächtige und teils Lockdown-unwillige Landeshauptleute gegenüberstehen, dürfte Mückstein bald bewusst werden. Denn Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat am Mittwochvormittag verkündet, sich der in Wien und Niederösterreich beschlossenen Verlängerung des Ost-Lockdowns nicht anschließen zu wollen.
"Haben uns Entscheidung nicht leicht gemacht"
Man habe sich die Entscheidung "sicherlich nicht leicht gemacht", erklärte Doskozil. Es hätten sich für ihn "viele Fragen gestellt" in den letzten Wochen der "Ostruhe". Es habe geheißen, dass nach dem Ost-Lockdown auch die anderen Bundesländer nachziehen werden. "Das ist nicht passiert." Zudem habe sich "hinter den Kulissen" gezeigt, dass es sinkende Zahlen in der Region gebe. Im Burgenland habe man ein wichtiges Zeichen gesetzt, die Bevölkerung sensibilisiert und damit "eine perfekte Entwicklung erzielt", erklärte der Landeschef. Das übertrage sich nun zeitversetzt auf die Spitäler, wo bereits leichte Rückgänge zu verzeichnen seien.
Lockdown-Ende ab Montag
Deshalb komme er zu dem Entschluss, dass es nicht die Lösung sein könne, die Pandemie-Situation "entweder schwarz oder weiß sehen". Man müsse lernen, damit "gemeinsam mit der Bevölkerung zu leben", und an die Eigenverantwortung appellieren. Es brauche eine Perspektive. Deshalb werde der aktuelle Lockdown im Burgenland ab Montag aufgehoben. Schulen und Handel werden dann wieder geöffnet.
"Die Bevölkerung muss spüren, dass es weitergeht", so Doskozil. Es brauche zudem "Zuckerl" für die Menschen, damit man öffnen kann und sich die Menschen testen lassen. Ein solches "Zuckerl" könne die Aussicht auf einen Gastrobesuch sein, bei dem ein negativer Test vorzuweisen sein könnte. Die Bundesregierung solle hier zügig entsprechende gesetzliche Möglichkeiten schaffen. Jeder Schüler und jede Schülerin soll zudem drei Mal die Woche getestet werden, das Lehrpersonal zwei Mal die Woche. "Teste, testen, testen" also. Testungen wolle er auch für den Handel, auch hier müsse es bald entsprechende Gesetze geben. Er sei "nicht sehr glücklich darüber", dass die SPÖ das im Bundesrat blockiert habe.
Aber: Sollte die Entwicklung wieder in eine falsche Richtung gehen, "muss man ganz klar sagen, dass dann die Stopp-Taste zu drücken ist". Deshalb appellierte er an die Bevölkerung, sich an die Maßnahmen zu halten. Man öffne nun aber vorsichtig und bewusst.
Doskozil: Kurz ist informiert, keine Angst vor Shoppern aus Wien
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei laut Doskozil von dieser Entscheidung vorab informiert worden. Er dankte Kurz explizit, ebenso wie dem scheidenden Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Mit dem neuen Minister Mückstein habe er sich gestern bereits in einem "angenehmen Gespräch" ausgetauscht. Vor einem Ansturm von Shopping-willigen Wienerinnen und Wienern in Parndorf fürchte er sich nicht. In Wien gelte weiterhin eine Ausgangssperre. Man werde sich mit dem Parndorf-Betreiber austauschen, damit dieser die Einkäufer eventuell kontrolliert.
Kurz selbst erklärte beim Ministerrat, das Vorhaben des Burgenlandes zu unterstützen, weil eine "gewisse Entspannung" erkennbar sei. Aber: "Wir haben mit dem Landeshauptmann gesprochen: Wenn es notwendig ist, muss die Notbremse gezogen werden."
Platter fordert Öffnungsschritte
Von Lockdown-Überlegungen will man offenbar auch in Tirol nichts hören. ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter stellte in einem Interview mit der Austria Presse Agentur klar, was er sich vom Bund-Länder-Gipfel erwartet, der am Freitag stattfinden wird. "Es muss zu Öffnungsschritten im Mai kommen. Und es wird zu Öffnungsschritten kommen, durchaus auch schrittweise", lässt der Landeschef wissen. Regionale Lösungen bei den Öffnungen könne er sich dabei aber durchaus vorstellen.
Denkbar seien laut Platter unterschiedliche Regelungen auf Zeit, die irgendwann in eine "einheitliche Regelung übergehen". Für ihn sei jedoch klar, dass man sich am Freitag auf einen konkreten Zeitplan für die Öffnung von Gastronomie, Hotellerie, Sport und Kultur im Mai einigen müsse. Das Vorlegen eines negativen Tests als Voraussetzung, um zu diesen Bereichen des öffentlichen Lebens Zugang zu bekommen, halte er für eine "gute Variante", denn die Teststrategie der Regierung habe sich als richtig erwiesen.
In Tirol ist am Mittwoch die Zahl der Infizierten und der Spitalspatienten indes gestiegen. Auf den Intensivstationen mussten fünf Corona-Patienten mehr behandelt werden, insgesamt waren es 36.
Stelzer lehnt regionale Alleingänge ab, Ludwig verteidigt Lockdown
Etwas vorsichtiger gibt sich Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Auch er spricht sich für Öffnungen aus, jedoch nur, wenn diese "vertretbar" seien. Wenn, dann könne nur „stufenweise und mit entsprechenden Schutzkonzepten“ geöffnet werden, erklärte er gegenüber den "Oberösterreichischen Nachrichten". Alleingänge einzelner Bundesländer sieht er jedoch kritisch. „Das würde zu einem chaotischen Gastro- und Kulturtourismus führen, gerade für Oberösterreich mit der geografischen Lage. Wir sollten als Republik gemeinsam diese Schritte gehen“, erklärte er.
Wiens Landeschef Michael Ludwig (SPÖ) verteidigte indes seine Entscheidung, den Lockdown zu verlängern. Via Twitter erklärte er: "Solange die Auslastung auf Wiens Intensivstationen so hoch ist, wie sie derzeit eben ist, wäre es unverantwortbar in Wien die Schutzmaßnahmen zurückzunehmen." Und: "Wir haben die politischen & gesundheitlichen Konsequenzen für unser Handeln in unseren jeweiligen Bundesländern zu tragen."
Gipfel ohne Mückstein
Dass es Mückstein mit den Landeschefs nicht einfach haben wird, haben ihm bereits zahlreiche Weggefährten, Parteikollegen und Politikbeobachter in Aussicht gestellt. Dass der Neo-Gesundheitsminister bereits am Tag seiner Vorstellung das Gespräch mit den Ländern gesucht hat, zeigt, dass ihm ihre Macht bewusst ist. Dass sich Bund und Länder aber drei Tage vor seiner Angelobung zu einem so wichtigen Gipfel ohne ihn treffen, kommt ihm nicht gerade gelegen. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wird in Vertretung des Gesundheitsministeriums dort anwesend sein.