Nachdem die geplanten Neuregelungen bei Razzien im Behördenbereich auf teils scharfe Kritik gestoßen ist, hat Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Montag Experten zu sich geladen. Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes, Verfassungsrechtler Heinz Mayer oder auch Staatsanwälte-Vertreterin Cornelia Koller waren dabei. Die Korruptionsbekämpfung und die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften müssten gestärkt werden, betonte Zadić.

Jener Gesetzesentwurf, der Razzien im Behördenbereich beinahe verunmöglichen und durch Amtshilfe ersetzen würde, soll noch umgearbeitet werden. "Die im Vorfeld geäußerte Kritik, dass einige Punkte die Korruptionsermittlungen einschränken könnten, wird von mir jedenfalls aufgegriffen werden", erklärte Zadić. Man werde nach der Begutachtung entsprechende Änderungen am Entwurf vornehmen.

"Ein zentrales Ziel meiner Amtsperiode als Justizministerin ist es, die Korruptionsbekämpfung sowie die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften zu stärken. Daher freut es mich, dass wir in diesem Sinne heute diskutieren konnten. Ich werde sicherstellen, dass die geplanten Änderungen in der Strafprozessordnung immer auch diesem Ziel dienen", so Zadić.

Die Beschlagnahmung von Unterlagen und Datenträgern der Behörden durch die Justiz sollte künftig nur noch im Ausnahmefall möglich sein, so die geplante Änderung in der Strafprozessordnung. Als dies Ende März bekannt wurde, setzte es geharnischte Proteste. Von der SPÖ wurde dieser Plan als Angriff auf die Korruptionsermittler etwa der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gewertet.

Interpretationsspielraum

In einem Medienstatement vor Beginn der Beratungen im Justizministerium meinte Zadić, die Wortmeldungen und auch Medienberichte hätten gezeigt, dass es bei der neuen Bestimmung offensichtlich Interpretationsspielraum gebe. Wenn dies so sei, "muss hier ordentlich und präzise formuliert werden".

Denn wenn die Bestimmung dazu führen könnte, dass Korruptionsermittlungen eingeschränkt werden, "wird es diese Bestimmung mit Sicherheit mit mir nicht geben". Korruptionsbekämpfung sei ihr ein zentrales Anliegen, betonte Zadić: "Ein starker Rechtsstaat braucht eine starke, unabhängige Justiz."

Öffentlicher Bereich

Kollers Staatsanwälte-Vereinigung betonte in einer Aussendung, dass eine effektive Strafverfolgung auch im öffentlichen Bereich gesichert sein müsse. Der Entwurf der Bundesregierung sei in der vorliegenden Form abzulehnen, weil er die Ermittlungskompetenzen der Staatsanwaltschaften zu sehr einenge und damit in vielen Fällen eine erfolgreiche Aufklärung von Straftaten erschweren oder gar unmöglich machen würde. "Keinesfalls darf es zu einer Zwei-Klassen-Justiz kommen. Im öffentlichen und privaten Bereich müssen Beweise im gleichen Umfang gesichert werden können", betonte Koller.

SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim übte in einer Aussendung Kritik an Zadić und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). "Es gibt an dieser Novelle schlichtweg nichts herumzudeuteln, ich sehe hier keinen Interpretationsspielraum. Die Intention des Gesetzes geht klar und eindeutig in die Richtung der Einschränkung der Ermittlungsmöglichkeiten und ist daher schlichtweg abzulehnen", meinte sie: "Im Sinne von Rechtsstaat und Demokratie gibt es nur eine Möglichkeit: Die Bundesregierung muss die Novelle sofort zurückziehen."