Der inzwischen suspendierte Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek kommt nicht aus den Schlagzeilen. Kaum ein Tag vergeht, an dem keine Details aus der Sichtung seines sichergestellten Handys an die Öffentlichkeit dringen.
Nun haben Ermittler offenbar auch Fotos eines Informationsberichtes der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an die Oberstaatsanwaltschaft Wien über die bevorstehende Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Gerät gefunden. Das belegt laut Ö1-"Mittagsjournal" ein E-Mailverkehr zwischen der WKStA und der Staatsanwaltschaft Innsbruck.
Infos aus Verschlussakt?
Laut WKStA handle es sich bei dieser Information jedoch um eine Verschlusssache, die nicht an Pilnacek weitergegeben werden hätte dürfen. Denn der ist seit Monaten nicht mehr für die Fachaufsicht der Staatsanwaltschaften zuständig. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt wegen des Verdachts des Amtsgeheimnisverrats, Pilnaceks Anwälte haben zuletzt jeden Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens zurückgewiesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Erst gestern, Donnerstag, wurde ein Chat zwischen Pilnacek und Blümels Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Finanzminister publik. Pilnacek sprach dabei von einem "Putsch" und erkundigte sich, wer Blümel auf seine bevorstehende Befragung vorbereite. Laut "Kurier" wird Niedrist inzwischen ebenfalls als Beschuldigter geführt. Im Justizministerium ist auch er kein Unbekannter, war er doch früher als Kabinettschef von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) tätig. Gegen Brandstätter wird derzeit ebenfalls ermittelt.
Schwieriges Verhältnis
Damit sorgt Pilnacek erneut für Schlagzeilen, die man im Justizministerium nicht gerne sieht. Dort wird aktuell entschieden, ob der Legist überhaupt an seinen Schreibtisch zurückkehren dürfen soll. Vor einer Woche hatte die Bundesdisziplinarbehörde, die im Ministerium von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) angesiedelt ist, geurteilt, dass die Suspendierung Pilnaceks aufgehoben wird. Rechtskräftig ist das freilich nicht, denn das Justizministerium hat nun vier Wochen Zeit, um zu prüfen, ob gegen diese Entscheidung Einspruch erhoben werden soll. Bisher gibt es auf Anfrage der "Kleinen Zeitung" noch keine Entscheidung über den Verbleib des Juristen. Das weitere Vorgehen werde aber bis nächste Woche geprüft.
Das Verhältnis von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zu Pilnacek galt von Anfang an als nicht besonders innig, aber hochprofessionell. Bei ihrem Amtsantritt hatte die Ministerin den Sektionschef als herausragenden Legisten vorgestellt bekommen, ein Eindruck, der sich bestätigt hat. Zadic schätzte neben seiner fachlichen Kompetenz aber auch die Ressortunabhängigkeit, mit der Pilnacek agierte. Dass der Jurist mit allen Couleurs kann, hat er in den letzten 20 Jahren bewiesen. Elf Justizminister aus fast allen Parteien des Landes zählten auf den Spitzenbeamten, der für sie an führender Stelle tätig war.
Öffentliche Rüge
Dennoch dauert es nicht lang, bis Zadic ihren Sektionschef öffentlich bremsen muss. Im vergangenen Februar toben die Oppositionsparteien, nachdem bekannt wird, dass sich Pilnacek mit den beiden Aufsichtsräten der Casinos Austria AG, Walter Rothensteiner und Josef Pröll, getroffen hatte. Laut Opposition habe Pilnacek so Einfluss auf die Ermittlungen in der Causa Casinos genommen. Der Jurist betonte, dem Treffen nur aus Höflichkeit zugestimmt zu haben.
Der Hausherrin passte das gar nicht, Zadic erteilt Pilnacek eine öffentliche Rüge, indem sie anordnet, Treffen mit Beschuldigten zu unterlassen. Pilnacek reagiert auf diese Zurechtweisung aber nicht verärgert, sondern betont dankbar. Mit einer klaren Ansage der Ministerin könne er leichter Begehrlichkeiten von außen abwehren.
Zudem war erst kürzlich ein Schriftverkehr zwischen dem Sektionschef und dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, Johannes Fuchs, aus dem Vorjahr publik geworden, in dem Pilnacek Kritik an der WKStA übte. Auch das stieß vielen im Ministerium sauer auf, wo man aber weiterhin eine "gute Gesprächsbasis" beteuerte.
Zadic entmachtete Pilnacek
Aber wie umgehen mit dem Spitzenbeamten? Zadic entscheidet sich im vergangenen Mai für einen Weg, den viele später als elegant bezeichnen werden - sie teilt die von Pilnacek seit 2010 geleitete "Supersektion" Strafrecht, um "klare Verhältnisse" zu schaffen, wie sie sagt. Dass das einer Entmachtung Pilanceks gleichkommt, bezweifelt aber niemand. Für die beiden neuen Sektionen könne sich der Legist dann bewerben, hieß es. Drei Monate später saß Pilnacek wieder im Chefsessel der Sektion "Straflegistik" - bis zu seiner Suspendierung.
Auf die Frage, ob Zadic ihrem Sektionschef noch vertraue, antwortete die Ministerin in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" Mitte März ausweichend. "Ich habe schon, als ich die Strafrechtssektion aufgeteilt habe gesagt, dass ich Christian Pilnacek für einen ausgezeichneten Strafrechtslegisten halte. Das hat dann auch die Personalkommission bestätigt; ich halte ihn nach wie vor für einen ausgezeichneten Strafrechtslegisten." Ob Pilnacek an seinen Schreibtisch im Ministerium zurückkehren darf, wird Zadic in den nächsten Tagen entscheiden.