Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz erneut einen Mangel an verfügbaren Impfstoffen zum Schutz vor SARS-CoV-2 beklagt und das ursprüngliche Impfziel für die Bundeshauptstadt revidiert. Das Vorhaben, bis Ende Juni 70 Prozent der impfbaren Wiener Bevölkerung geschützt zu haben, sei nicht mehr einzuhalten, sagte Hacker.
"Es schaut im Augenblick so aus, dass wir 60 Prozent der Bevölkerung, die für die Impfung infrage kommt, bis Ende Juni geimpft haben werden. Das ist weniger als erwartet", sagte Hacker. Es habe sich gezeigt, dass die avisierten Liefermengen nicht zur Verfügung stehen. Das neben dem Austria Center zweite angedachte große Impfzentrum am Standort Messe wird daher vorerst nicht aufsperren, kündigte Hacker an. Mangels ausreichend verfügbarer Impfdosen wäre das "sinnlos".
"Macht uns keinen Spaß"
"Es macht uns in Wirklichkeit keinen Spaß, das zu kommunizieren", betonte Hacker. Und weiter: "Es fällt mir gar nicht leicht. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig." Es wäre "Aufgabe der Bundesregierung, Impfstoff zu besorgen", wobei der Wiener Gesundheitsstadtrat diese Aussage nicht explizit als Schuldzuweisung verstanden wissen wollte: "Ich möchte mich über die Frage der Schuld nicht äußern."
Wie Hacker präzisierte, wird Wien in den Kalenderwochen 14 und 15 (5. bis 11. April und 12. bis 18. April) um 20.000 Impfdosen weniger bekommen als zuletzt. Dieser "starke Rückgang" stelle "eine besondere Herausforderung" dar, zumal zur Vollimmunisierung der Impfkandidaten ein zweiter Stich benötigt wird. "Wir können also nicht jeden Tag so viel impfen, wie auf Lager liegt", sagte der Gesundheitsstadtrat. Insgesamt wird es im April für die 1,9 Millionen-Metropole nur um 35.000 Impfdosen mehr als im März geben: "Mit dieser Menge müssen wir arbeiten."
Das Delta zwischen Impfinteressenten und verfügbaren Dosen klaffe deutlich auseinander, so Hacker sinngemäß. Von den einzelnen Herstellern sei Biontech/Pfizer "ein stabiler Lieferfaktor", während Hacker AstraZeneca als "Wackelkandidat" bezeichnete, der in den vergangenen beiden Wochen anstelle der versprochenen 20.000 Dosen pro Woche nur jeweils 3.700 übermittelt habe. Man habe infolge dessen "eingetragene Impftermine abgesagt", bedauerte Hacker. Vakzine des Herstellers Moderna kämen "in extrem bescheidenen Mengen". Eine erste, 10.000 Dosen umfassende Lieferung des Herstellers Johnson & Johnson erwartet Hacker in der letzten April-Woche. Bis Juni werden es 100.000 sein, unwesentlich mehr wird von AstraZeneca erwartet, was Hacker mit "Eine Steigerung wie nix" kommentierte. Biontech/Pfizer sollte der Bundeshauptstadt im Mai und Juni jedenfalls über 600.000, möglicherweise 670.000 Dosen zur Verfügung stellen.
Zur Frage, ob der einmal mehr in Diskussion geratene AstraZeneca-Impfstoff in Wien weiter wie geplant verimpft wird - Deutschland hat beschlossen, diesen aufgrund massiver Nebenwirkungen in Einzelfällen vorerst nur mehr in Ausnahmefällen an unter 60-Jährige zu verabreichen -, erklärte Hacker, er orientiere sich am Nationalen Impfgremium, das sich vorerst dafür ausgesprochen hat: "Ich halte nichts davon, regionale Entscheidungen zu treffen."
Stark machte sich der Wiener Gesundheitsstadtrat für den russischen Impfstoff Sputnik V: "Es spricht alles dafür, Sputnik zu bekommen. Es spricht nichts dafür, Sputnik nicht zu bekommen." Hacker sicherte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) "volle Unterstützung" zu, sollte sich dieser in diese Richtung bemühen.
Schwerpunktmäßig werden in Wien im April die über 75-Jährigen und Hochrisikopatienten über 65 geimpft. Die Impfungen von Personen mit Behinderung sollen abgeschlossen werden. Hacker betonte, dass sich alle Wienerinnen und Wiener über 75 und Menschen mit einem hohen Risiko auch ohne Voranmeldung einen Impftermin buchen können. Dass die Corona-Schutzimpfung wirkt, machte der Stadtrat mit einem Beispiel anschaulich: In den Alters- und Pflegeheimen, wo 27.300 Impfstiche gesetzt wurden, gibt es bei insgesamt rund 18.000 Bewohnern aktuell lediglich 27 bestätigte Corona-Fälle.
Die niedergelassenen Ärzte werden in Wien nach Ostern mit dem Injizieren von Corona-Schutzimpfungen beginnen. Ab 12. April sollen sie zunächst Hochrisikopatienten aus ihren eigenen Praxen impfen, wobei dafür fünf Schnupfenboxen in Impfboxen umgebaut werden, wo die Impfungen dann über die Bühne gehen sollen, wie Hacker ankündigte.
Aus derzeitiger Sicht sollte Wien im Mai und Juni insgesamt 1,1 Millionen Impfdosen zur Verfügung gestellt bekommen. Damit sei nur ein moderates Impftempo zu bewerkstelligen, bemerkte Hacker abschließend.