„Damit niemand ins Bodenlose fällt und die aufgehende Schere zwischen Arm und Reich bekämpft wird“, fordert die Armutskonferenz Sozialminister Rudolf Anschober und Arbeitsminister Martin Kocher zum Handeln auf. Die Angleichung der Notstandshilfe auf das zuletzt bezogene Arbeitslosengeld muss als Krisenmaßnahme verlängert werden. „Die Anhebung der Notstandshilfe auf das Arbeitslosengeld läuft heute aus, bekanntlich aber nicht die Corona-Krise“, erinnert Sozialexperte Martin Schenk die Bundesregierung.
„Wollen Sie tatsächlich in der gerade täglich schlimmer werdenden Pandemie diese Krisenhilfe für arbeitslose Menschen stoppen und diese Menschen im Stich lassen?“, hatte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch zuletzt Mitte März in Richtung türkis-grüne Regierung gefragt.
Aus dem Sozialministerium hieß es dazu gestern: "Die Gespräche laufen, die Verlängerung wäre ein wichtiger Beitrag zur Armutsbekämpfung."
"Die Aufstockung der Notstandshilfe muss dringend verlängert werden“, fordert auch AK-Präsidentin Renate Anderl, „und das Arbeitslosengeld muss auf 70 Prozent erhöht werden.“ Arbeitsuchende Menschen hätten weiterhin 100 Prozent ihrer laufenden Fixkosten, aber nur mehr 55 Prozent ihres letzten Einkommens. „Das führt direkt in die Armut, das darf in einem reichen Land wie Österreich nicht sein. Gescheitert ist man offenbar an der ÖVP. Die Grünen als Regierungspartner, die der Verlängerung positiv gegenüberstanden, setzten sich nicht durch.
Versagen mit Anlauf
Es ist ein Versagen mit Anlauf. Bereits am 23. September letzten Jahres brachte die SPÖ einen Antrag ein, die ursprünglich bis Jahresende beschlossene Aufstockung (gültig seit Mitte März 2020) bis Ende März 2021 zu verlängern. Eine solche Verlängerung beschlossen ÖVP und Grüne aber erst im Februar, also Monate später. Erst danach konnte das AMS beginnen, das Geld - maximal ein paar Hundert Euro, oft aber ohnehin nur Beträge im niedrigen zweistelligen Bereich - auszuzahlen. Die letzte Tranche - für März - erfolgt im April. Heute läuft die derzeitige Regelung aus.
Es gebe bereits 140.000 Menschen, die seit über 12 Monaten keinen Job finden, warnt Muchitsch. Insgesamt seien 220.000 Notstandshilfebezieher betroffen. "Die haben weder Schuld an der Krise noch am schlechten Krisenmanagement der Regierung."
Die Regierung sei nicht bereit gewesen, einer Verlängerung der erhöhten Notstandhilfe zuzustimmen. Muchitsch: „Wer zur ‚Familie‘ von Kurz gehört, kriegt alles, was er will. Wer nicht zur Familie gehört, dem wird von dem wenigen, was er kriegt, auch noch genommen."
Die Regierung habe zudem keine Pläne oder Programme, die gegen die Rekordarbeitslosigkeit auf Dauer helfen würden. "Die SPÖ wird hier aber nicht lockerlassen", man trete für Vorschläge wie die Aktion 40.000 – eine großangelegte Job-Offensive für Langzeitbeschäftigungslose – oder die dringend notwendige Erhöhung des Arbeitslosengeldes ein.
„Ich appelliere an Arbeitsminister Kocher und Finanzminister Blümel, bei den ArbeitnehmerInnen genau so großzügig zu sein, wie bei Hilfspaketen für Unternehmen und Landwirte“, so Anderl. Sie sieht auch die Bundesländer in der Pflicht: „Die erhöhte Notstandshilfe darf nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden, das Geld muss wirklich bei den Menschen ankommen, die es jetzt ganz dringend brauchen.“
Claudia Gigler