Der inzwischen berühmte "Ketchup-Effekt", den Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor einem Monat versprochen hatte, soll kurz bevorstehend. Gemeint war damit die verfügbare Menge an Impfstoff im Land, die - ähnlich wie bei Ketchup-Flaschen aus Glas - zuerst nur spärlich eintreffen, bevor dann ein ganzer "Schwall" verfügbar werde. Eben dieser Schwall soll kurz bevor stehen, im Laufe der nächsten Wochen soll neuer Impfstoff ankommen.
Doch bei der Frage, wer wann geimpft wird, ist das nächste Chaos bereits vorprogrammiert. Denn jene, die eine Impfung über ihren Arbeitgeber erhalten, dürften trotzdem eine Impfeinladung bzw. einen Termin laut Impfplan bekommen. Eine Parallelstruktur, die den Ablauf erneut unnötig verzögern würde.
Doppelte Einladungen ab Mai
Aber der Reihe nach. Bis zum 22. Februar seien laut Gesundheitsministerium keine Impfdosen an Firmen ausgeliefert worden, wie die Beantwortung einer Neos-Anfrage zeigt. Laut aktuellem Impfplan sei eine solche Verteilung in "Phase 3" und damit im Mai/Juni möglich. Wie viele Firmen impfen können und wollen und wie viel Impfwillige es hierfür gibt, sei jedoch noch unklar. Diese Informationen werden aktuell erhoben, zuständig seien hier die Bundesländer.
Dank eben dieser Zuständigkeit steht spätestens im Mai der nächste Wirbel bevor. Denn während die Firmen mit dem Impfen beginnen, werden weiter Termine für Impfungen bei Hausärzten und in den Impfstraßen über die Bundesländer vergeben, bei deren Abfolge es bereits jetzt zu Problemen kommt. Denn die Gesundheitsbehörden wissen nicht, wer die Spritze in den Betrieben bekommen hat. Die Folge wären doppelte Einladungen für bereits Geimpfte, die viele schlicht ignorieren oder vergessen werden, sich davon abzumelden. Was zu weiteren Verzögerungen im Ablauf und damit für alle anderen führt.
Loacker: "Fehler liegt bei Anschober"
Ein Umstand, den Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zu verantworten habe, erklärt Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. "Der Fehler war, dass Anschober die Sozialversicherungen, insbesondere die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) nicht eingebunden hat." Diese habe von Beginn an ihre Mithilfe angeboten, wurde aber großteils ignoriert. "Dabei könnte man über die ÖGK den Löwenanteil der Beschäftigten und Arbeitnehmer abdecken, indem man Impfungen dort regelt." Man habe sich aber dafür entschieden, dass alle Bundesländer eigene Anmeldesysteme aufbauen, so Loacker. "Da kann man solche Doppelungen kaum unterbinden."
Die Firmen könnten zwar die Daten ihrer geimpften Mitarbeiter an die Landesämter schicken. Der Datenabgleich sei jedoch schwierig und ein organisatorischer Aufwand, der viel Zeit in Anspruch nehme, so Loacker. Auch der Umstand, dass man sich in einigen Bundesländern selbst für einen Impftermin anmelden muss und damit keine Termine unnötig vergeben werden, sorge dennoch für unnötige Verzögerungen. Dabei sei die Einbindung der Betriebe in den Impfablauf eine gute Idee gewesen. "Vor allem in Bundesländern mit wenig Impfstraßen wäre das eine große Erleichterung gewesen. Aber das hat man sich einfach nicht gut genug überlegt."
Im Gesundheitsministerium kann man auf Nachfrage der "Kleinen Zeitung" die Aufregung nicht nachvollziehen. Man gehe davon aus, dass jene, die nach einer Impfung im eigenen Betrieb einen Termin vom Land angeboten bekommen, diesen selbstständig absagen. Zudem verweist man dort auf den Umstand, dass der Bund lediglich den Impfstoff kauft und die Strategie vorgibt. Die Umsetzung liege bei den Ländern, die für die Durchführung verantwortlich sind.
"Web-Plattform" soll Firmen informieren
Um die Firmen darüber zu informieren, ob und wie sie Impfstoff überhaupt organisieren können, skizziert das Ministerium in seiner Anfragebeantwortung indes eine spannende Vorgehensweise. Man habe sich mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), den Wirtschaftskammern der Bundesländer und der Industriellenvereinigung darauf geeinigt, eine gemeinsame "Web-Plattform" unter der Leitung der WKÖ zu erstellen. Zur Erinnerung: Die letzte Plattform der Wirtschaftskammer in Zusammenarbeit mit einem Ministerium war das 627.000 Euro teure "Kaufhaus Österreich". Die Firmen zahlen übrigens nichts für den Impfstoff, müssen aber impfendes Medizinpersonal bereitstellen.