Die Neos wollen eine Sachverhaltsdarstellung gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz einbringen – wegen Falschaussage im Untersuchungsausschuss. Die Widersprüche zwischen Chat-Protokollen und den Aussagen im Untersuchungsausschuss haben sie im Detail aufgearbeitet. Hier eine Übersicht:

Frage im U-Ausschuss:

"Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Ihnen gesagt hat: 'Ich möchte mich für diesen ausgeschriebenen Posten bewerben': Haben Sie mit ihm nie darüber gesprochen, dass er das werden könnte?"

Antwort Kanzler Sebastian Kurz:

"Nein, es war allgemein bekannt, dass ihn das grundsätzlich interessiert, und es war sicherlich auch so, dass immer wieder davon gesprochen wurde, dass er ein potenziell qualifizierter Kandidat wäre."

Aus den Chat-Protokollen schon des Jahres 2017 geht für die Neos allerdings hervor, dass die Bestellung von Thomas Schmid von Anfang an der gemeinsame Plan mit Kurz gewesen sei: Am 10. Dezember 2017 schreibt FPÖ-Verhandler Arnold Schiefer an Schmid, dass die Regierungsverhandlungen offenbar vollbracht seien. Schmid bekundet in diesem Chat zum ersten Mal, dass er "so schnell wie möglich zur ÖBIB" wolle, aber auch dass "Sebastian will, dass ich noch bleibe".

2018 war Kurz darüber informiert, dass die Medien schon kund machen wollen, dass Schmid "durch" ist - er bietet seine Hilfe an:

Man weiß, was man aneinander hat:

Es zieht sich mit der Bestellung, laut Schmid, weil "Sebastian" ihn "nicht gehen lassen" will, aber es ist, so Schmid "alles auf Schiene und mit Sebastian... abgestimmt", wie der Kabinettschef des Kanzlers, Bernhard Bonelli, Finanzminister Hartwig Löger wissen lässt. Daraus sei, so die Neos, zu schließen, dass für Kurz und Löger schon Anfang Februar 2019, zwei Monate vor dem Hearing klar gewesen sei, dass Schmid als Sieger der Ausschreibung für die Vorstandsposition hervorgehen werde.

Am 27. März wurde Schmid bestellt, und bedankt sich artig bei  Kurz.

Via Presseaussendung vermeldet das Unternehmen an diesem Tag, der Aufsichtsrat habe Schmid "einstimmig" bestellt. "Alle Kapital- und Arbeitnehmervertreter haben die Entscheidung mitgetragen."  Man sei überzeugt, mit Schmid "den besten Kandidaten" zum Vorstand gewählt zu haben, teilt Aufsichtsratschef Helmut Kern mit. Die Bestellung sei auch "professionell von deiner Personalberatung begleitet" worden.

Im Lebenslauf wird vermerkt, dass er Pressesprecher, strategischer Berater von ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger, und schon seinerzeit Büroleiter des ehemaligen ÖVP-Kanzlers Wolfgang Schüssel war. Mit Schüssel verbinden ihn auch heute noch gute Kontakte.

Iris Ortner wiederum ist Aufsichtsratsmitglied der ÖBAG. Sie war ins Gerede geraten, weil ihr vorgeworfen wurde, ihr Vater Klaus Ortner habe ihr den Aufsichtsratsjob bei der Staatsholding ÖBAG gekauft. Ortner stellte dies in Abrede, Kanzler Kurz sagte im U-Ausschuss, er habe weder Einfluss auf die Aufsichtsratsbestellungen bei der ÖBAG gehabt, noch habe er mit Ortner Gespräche wegen der Bestellung von Schmid geführt.

Auch Finanzminister Gernot Blümel sagte im U-Ausschuss aus, dass die Bestellung des Vorstandes ausschließlich eine Aufgabe des Aufsichtsrates ist.

Aus den Chat-Protokollen gehe hervor, dass Kurz ein Treffen von Ortner und Schmid vorgeschlagen habe, am Abend vor der Anhörung von Schmid durch den Aufsichtsrat, so die Neos. Einladender sei Klaus Ortner, also der Vater gewesen. Schmid freute sich am nächsten Tag darüber, den Kanzler, der offenbar ebenfalls persönlich anwesend war, als besonders entspannt empfunden zu haben:

Aus einem Chat-Protokoll von Dezember 2018 geht zudem hervor, dass Schmid und Kurz einen Termin vereinbarten, um "wegen des Aufsichtsrats" zu reden, der nach Beschlussfassung des ÖBAG-Gesetzes zu bestellen sei. Eines Gesetzes übrigens, dem letztlich auch die SPÖ zustimmte. Was letztere offenbar hoffen ließ, dass auch Platz für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sein werde, wofür sich ÖGB-Chef Wolfgang Katzian persönlich stark gemacht haben soll.

Weitere SMS dokumentieren, dass die Zustimmung des Kanzlers persönlich für weitere Aufsichtsratsmitglieder eingeholt wurde, unter einem ein Mitglied, das "für NÖ auch delikate Sachen sauber erledigt" habe.