Wollte das Finanzministerium nicht mehr als 200 Millionen ausgeben? Hat Österreich deshalb auf Millionen von Impfdosen verzichtet? War Geiz der Grund, warum man auf den günstigen Impfstoff von Astra Zeneca setzte?
Ein gemeinsamer Auftritt der Opposition am Donnerstag legt das nahe. SPÖ, FPÖ und Neos legten Dokumente vor, die das belegen sollten. Sie bezichtigten Finanzminister Gernot Blümel der Lüge und forderten seinen Rücktritt.
Das Finanzministerium weist die Vorwürfe vehement zurück. Und auch im Gesundheitsministerium kann man die Anschuldigungen nicht nachvollziehen. Was stimmt?
Im vergangenen Sommer ging das Gesundheitsministerium von Gesamtkosten für Impfstoffe von mehr als 100 Millionen Euro aus. Aufgrund laufender Verhandlungen könne er die Summe aber nicht genau beziffern, teilte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) damals in einem Schreiben an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit.
Ende Juli veranschlagte das Gesundheitsministerium in einem Vortrag an den Ministerrat einen Kostenrahmen von “bis zu 200 Millionen Euro” für die Beschaffung von Impfstoff für acht Millionen Menschen. In einer Erstfassung des Dokumentes war allerdings von “mehr als” 200 Millionen Euro die Rede. Aus Dokumenten, die vom Gesundheitsressort an einen Parlamentsausschuss zur Untersuchung der Corona-Beschaffungen geliefert wurden, geht hervor, dass das “mehr als” vom Finanziministerium zu einem “bis zu” korrigiert worden sei.
Gesundheitsministerium: Kostenrahmen war ausreichend
Die Opposition schließt am Donnerstag daraus, dass das Finanzministerium einen Kostendeckel für die Impfstoff-Beschaffung eingezogen hat. Das Finanzministerium kann diese Vorwürfe in keinster Weise nachvollziehen - und spielt den Ball zurück ans Gesundheitsministerium: Dass in besagtem Dokument die Angabe “mehr als” auf “bis zu 200 Millionen Euro” geändert wurde, liege daran, dass eine nach oben offene Summe keine akzeptable Kostenschätzung sei. “Wir haben aber immer gesagt: Falls ihr mehr braucht, sagt es. Die Möglichkeit, mehr Geld zu bekommen, wurde aber nie in Anspruch genommen”, erklärt ein Sprecher des Finanzressorts.
Auf eine Kontaktaufnahme des Finanzministeriums inklusive der Frage, ob mehr Geld nötig sei, antwortete das Gesundheitsministerium mit einer Tabelle: Darin waren für das Jahr 2020 80 Millionen Euro und für das Jahr 2021 120 Millionen Euro angemeldet worden. Man sei im Finanzministerium davon ausgegangen, dass das Geld ausreiche.
Wieso hat das Gesundheitsminsterium also nicht mehr Geld gefordert? Weil tatsächlich nicht mehr gebraucht wurde. Die veranschlagte Summe sei ausreichend gewesen, heißt es am Donnerstag dort: “Der Kostenrahmen wurde nach einer fachlichen Einschätzung so definiert und hat für die Bedürfnisse gut ausgereicht”, so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.
Und: Als sich Ende des vergangenen Jahres herausgestellt hat, welche Impfstoffe sich als besonders aussichtsreich herausstellen, wurden Zusatzbestellungen getätigt und das Budget auf insgesamt 388 Millionen Euro aufgestockt. Ursprünglich mehr Geld zu verlangen, war also gar nicht im Sinne des Gesundheitsministeriums.
Andreas Terler