"Wir haben in Ostösterreich die stärkste Ausbreitung der britischen Mutation", sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) - und sie sei schwieriger als erwartet. Die Folge: Die Intensivbetten in Wien werden knapp. Daher habe er mit den Landeshauptleuten von Wien, Niederösterreich und Burgenland "ohne Streit, ohne harte Auseinandersetzung" ein Paket vereinbart, um dem Virus entgegenzuwirken. "Ich bin froh, dass wir die Öffnungsschritte abgesagt haben", so Anschober: "Das wäre die völlig falsche Zeit gewesen".
Stattdessen kommt ein vorläufig kurzfristiger "Wellenbrecher" zwischen 1. und 6. April:
- Handel und körpernahe Dienstleister schließen (ausgenommen lebensnotwendige Geschäfte). Nach Ostern, ab 7.4., soll der Handel nur mit Eintrittstest wieder aufmachen
- Ausgangsbeschränkungen von 0-24 Uhr wie vor Weihnachten
- Der Kontakt zu anderen soll auf eine enge Bezugsperson beschränkt werden
- Auch die Museen in den drei Ländern schließen in dieser Zeit
Von 1. bis 11. April gilt zudem:
- FFP2-Pflicht in geschlossenen Räumen, wenn mehr als eine Person anwesend ist
- FFP2-Maske auch im Freien, wo Menschenmassen zusammenkommen
- Arbeitspendler (etwa aus Tschechien und Ungarn) sollen statt einmal nun zweimal pro Woche getestet werden
- In Betrieben muss einmal die Woche getestet werden oder alternativ im Homeoffice gearbeitet werden
Die Schulen in den drei Bundesländern werden in der Woche nach Ostern (bis 9. April) im Distance Learning geführt. Danach sollen Schulen mit PCR-Tests wieder starten.
Kommende Woche will sich Anschober abermals mit den Landeshauptleuten beraten. Der Gesundheitsminister befürchtet, dass solche Maßnahmen auch in anderen Bundesländern nötig werden könnten. „Meine Befürchtung ist, dass diese Situation im Osten auch bald die anderen Bundesländer ereilen könnte.“
Diskutieren Sie mit!
Kurz schaltete zu, um bei Schließung zu bremsen
Der Entscheidung waren zähe Verhandlungen vorher gegangen. In der Nacht auf Mittwoch diskutierte man bis in die frühen Morgenstunden, untertags wurden die Details festgezurrt. Gesundheitsminister Rudolf Anschober verlangte strenge Maßnahmen.
Mit ihm argumentierte Bürgermeister Michael Ludwig, der unter dem Eindruck der vollen Intensivstationen in Wien in die Verhandlungen ging. 176 Menschen liegen derzeit mit Corona auf einer Intensivstation in Wien. In zwei Wochen - so berechnen es die Modellierer - werden es bis zu 320 sein.
Ludwig plädierte für einen harten zweiwöchigen Lockdown in der Karwoche. Johanna Mikl-Leitner argumentierte, dass der Handel unbedingt geöffnet bleiben müsse. Die dahinterliegende Sorge: Die Bevölkerung würde einen harten Lockdown nicht mehr mittragen. Mikl-Leitner wurde unterstützt von Bundeskanzler Sebastian Kurz, der bis Mitternacht per Telefon zugeschaltet war.
Hans Peter Doskozil, der am Dienstag noch Thermen im Burgenland öffnen wollte, vertrat eine Position dazwischen. Er verwies auf das Meinungsspektrum der Experten und pochte auf ein klar formuliertes Ziel, damit die Bevölkerung mitmacht.
Für Ärger bei den Landeshauptleuten hat gesorgt, dass Experten beim Gespräch am Dienstag mit dem Gesundheitsministerium die Lage plötzlich viel dramatischer geschildert hätten als noch am Tag davor beim Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt. Da sei noch mit keiner Silbe von einem Lockdown gesprochen worden: "Es braucht mehr Verlässlichkeit", hieß es aus Länderkreisen zur APA.
Insgesamt sah man aber das Gespräch mit Anschober, in das auch das Kanzleramt eingebunden war, als sehr konstruktiv an. Eine enge Zusammenarbeit scheint auch wichtig, denn Experten schilderten beim "Ost-Gipfel" die Situation an den Wiener Spitälern als "äußerst kritisch". Im Wiener Rathaus wurde am Mittwoch auch nicht ausgeschlossen, in einem zweiten Schritt die Maßnahmen zumindest in der Bundeshauptstadt zu verschärfen. Dies wird laut APA-Informationen dann überlegt, wenn die Infektionszahlen weiterhin so stark ansteigen wie bisher.