Die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen sinkt und die Krisenkommunikation der Regierung erreicht Teile der Bevölkerung nicht mehr. Das ergab eine Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut Sora für die Parteiakademie der Neos durchgeführt hat und die im Vorfeld des Regierungsgipfels über weitere Maßnahmen präsentiert wurde.
44 Prozent der Menschen geben darin an, dass sie den Überblick über die aktuellen Corona-Maßnahmen verloren haben. Bei den Jüngeren, jener Bevölkerungsgruppe, wo die Infektionszahlen derzeit besonders stark zunehmen, sind es bereits mehr als die Hälfte. Besonders dramatisch: Auch Menschen, die Angst vor einer Infektion haben, also grundsätzlich bereit wären, Maßnahmen mitzutragen, kennen sich nicht mehr aus. Weniger als die Hälfte der Menschen meint, die Corona-Maßnahmen seien wissenschaftlich gut begründet.
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wertet das als eine „alarmierende“ Entwicklung: Ob die Bevölkerung die Maßnahmen mitträgt, sei eine der zentralen Fragen in der Pandemie: „Die Regierung widmet dieser Frage viel zu wenig Aufmerksamkeit“, so Meinl-Reisinger. Sie plädiert für gezielte Arbeiten mit bestimmten Bevölkerungsgruppen, etwa jungen Menschen, und groß angelegten Testemonialkampagnen um etwa das regelmäßige Testen zu propagieren.
"Das Hauptproblem ist die Strafandrohung"
Meinungsforscher Günther Ogris sagt: „Das Hauptproblem ist die Strafandrohung.“ Die Angst vor Strafen sei der Grund, warum das Contact Tracing nicht funktioniere. „Wenn der Innenminister sagt, Strafen sind notwendig, kommt bei der Bevölkerung an: Wir vertrauen euch nicht“, so Ogris: „Diese Kommunikation führt zu einer starken Polarisierung.“
Für den „Freiheitsindex“ wurde diese genau untersucht. Die überwiegende Mehrheit lehnt es zwar ab, dass in der Krise eine Demokratie-Pause eingelegt wird, damit die Bundesregierung freie Hand hat. Allerdings sind vier von zehn Menschen in dieser Frage ambivalent. Rund 40 Prozent der Menschen sind auch der Meinung, Medien und auch Oppositionsparteien sollen sich in Krisenzeiten mit Kritik an der Bundesregierung zurückhalten. Allerdings erwarten sich um die 50 Prozent der Befragten das Gegenteil.
Im Vergleich zum Vorjahr fühlen sich die Menschen weniger frei. Hauptbetroffen sind junge Menschen: Unter den befragten unter-30-Jährigen gaben 60 Prozent an: „Meine Freiheit ist durch diese Krise stark eingeschränkt.“
Auch deshalb spricht sich Meinl-Reisinger erneut gegen verlängerte Osterferien oder die Rückkehr zum Distance Learning aus: Nachdem es noch nicht ausreichend Impfstoff gebe, und für Kinder noch gar keinen, müsse man einen Weg finden, wie man mit dem Virus leben könne - der Schlüssel seien häufigere und bessere Testungen, etwa nach PCR-Standard.
Veronika Dolna