Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat sich im Vorfeld der für Montag im Kanzleramt angesetzten Beratungen zur Corona-Situation gegen Lockerungen ausgesprochen. "Wir haben derzeit sicher keine Phase, wo es (...) um eine Phase der großen Lockerungen geht", sagte er am Samstag im ORF-Radio angesichts der kontinuierlich steigenden Neuinfektionszahlen und der Situation in den Intensivstationen. Laut Regierungskreisen sind regionale Differenzierungen angedacht.
Im Ö1-"Mittagsjournal" präzisierte er dann gegenüber Edgar Weinzettel die Einführung des geplanten Impfpasses ("alle drei Bereiche, Impfung, Testungen und Genesene, werden sich ergänzen"), rechtfertigte das Impftempo in Österreich ("derzeit fast 1,3 Millionen Impfungen") und sah "Handlungsmöglichkeiten für den nächsten EU-Ratsgimpfel". Bei letzterem Punkt ging es um den Einkauf der Impfstoffe - ob nach dem Bevölkerungsschlüssel oder Bestellschlüssel vorgegangen wird. "Es ist ein bissel so heute, als würde man das Buch von hinten lesen."
Zu seinem eigenen Gesundheitszustand betonte er, das Wichtigste sei, dass er keine schweren organischen Schäden habe und weiter seinen Beitrag leisten kann und will. "Ich plane nicht in Legislaturperioden, sondern in Pandemiephasen."
Hintergrund
Am Samstag wurden 3.344 Neuinfektionen innerhalb der letzten 24 Stunden gemeldet; die Zahl der Intensivbetten-Belegung mit Corona-Patienten lag bei 394 (ein minimaler Rückgang von drei Betten).
Gefragt, ob er sich mit dieser Haltung am Montag gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die Vertreter der Länder durchsetzen wird, sagte Anschober, er rechne nicht mit Widerstand: "Ich gehe davon aus, dass diese Zahlen, die war da vorlegen müssen, dass die schon überzeugen werden. Ich habe auch viele Gespräche in den letzten zwei, drei Tagen, mit Politikerinnen aus den hauptbetroffenen Regionen geführt - und da ist selbstverständlich die Einsicht da, dass wir handeln müssen - mit dem Ziel, dass wir auch diesmal zu einem möglichst breit getragenen Vorgehen in Österreich kommen."
Regionale Maßnahmen
Laut APA-Informationen werden in Regierungskreisen keine flächendeckenden Maßnahmen für das ganze Bundesgebiet angedacht, sondern vielmehr regionale Differenzierungen. Grund dafür ist das stark unterschiedliche Infektionsgeschehen. Während die Fallzahlen im Westen vergleichsweise niedrig sind, ist die Situation im Osten des Landes deutlich angespannter, vor allem wegen der dort starken Verbreitung der Mutationen. In Regierungskreisen wurde am Samstag von einer "dramatischen Lage" im Osten, etwa in Wien, gesprochen.
Als eine mögliche Option stand dem Vernehmen nach zuletzt etwa eine Verlängerung der Osterferien in Diskussion. Seitens Experten war u.a. auch verpflichtendes Home-Office ins Spiel gebracht worden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte am Samstag beim Parteitag der ÖVP Vorarlberg, er halte den Weg der Regionalisierung bei den Öffnungsschritten für richtig, "den wollen wir fortsetzen". Die Öffnung in Vorarlberg sei aufgrund der niedrigen Inzidenz gerechtfertigt. Er hoffe, dass man bald auch in anderen Regionen Österreichs vergleichbare Schritte setzen kann, erklärte er.
Fahrplan am Montag
Gestartet werden die Gespräche der Regierung am Montag mit den Experten, um 11.30 Uhr wird dann die Opposition per Videokonferenz dazugeschaltet. Um 13.00 Uhr sollen die Beratungen mit den Landeshauptleuten weitergehen, die persönlich nach Wien ins Kanzleramt kommen. Danach dürfte es wohl eine Pressekonferenz geben.
Die Ampel-Kommission trat zuletzt für weitere Restriktionen ein, wenn sich die Zahl der Corona-Infektionen weiter "unkontrolliert" erhöht. Allerdings wurde in einer Stellungnahme des Kommission am Donnerstagabend auch auf die Option regionaler Maßnahmen hingewiesen.
Für die Osterfeiertage denkt man im Gesundheitsministerium auch an eine Lockerung der Besuchsregeln, wie aus dem am Freitag öffentlich gewordenen Sitzungsprotokoll der Kommission hervorgeht. Orientieren will man sich dabei an jenen Regeln, die zu Weihnachten vorgeschrieben waren: Am 24. und 25. Dezember waren die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen komplett aufgehoben worden. Zudem wurden die Kontakt-Beschränkungen deutlich gelockert, es durften sich damals maximal zehn Personen aus bis zu zehn verschiedenen Haushalten treffen. Derzeit sind ja wieder nur Treffen von maximal vier Personen aus zwei unterschiedlichen Haushalten zuzüglich minderjährigen Kindern gestattet.