Die Corona-Impfung in den Altersheimen wirkt. Das zeigen von APA und OGM ausgewertete Daten des Gesundheitsministeriums. Demnach hat die dritte Infektionswelle bisher keinen Anstieg der Todesfälle unter Heimbewohnern ausgelöst. Im Gegenteil: ihr Anteil an den gesamten Corona-Toten ist im März weiter gesunken. Patientenanwaltschaft und Seniorenvertreter von SPÖ und ÖVP wollen die Besuchsbeschränkung lockern. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt sich dafür offen.
Nach Angaben der Länder liegt die Durchimpfung der Pflegeheime zwischen 60 Prozent in Kärnten und über 90 Prozent in Wien. Die Zahlen des Gesundheitsministeriums lassen denn auch auf einen deutlichen Impfeffekt schließen: In der zweiten Infektionswelle lag der Anteil der Altersheime an allen im Krisenstab der Regierung gemeldeten Todesfällen zwischen 40 und 60 Prozent pro Woche. Von zehn Corona-Toten starben also vier bis sechs in einem Alten- oder Pflegeheim. In den ersten beiden März-Wochen waren es weniger als zwei von zehn. Und zumindest bisher hat die dritte Infektionswelle auch keinen Anstieg der Todesfälle in den Heimen ausgelöst: sie sind von 376 auf 30 in der Vorwoche zurückgegangen.
Tägliche Besuchsmöglichkeiten
Der Sprecher der Patientenanwälte Gerald Bachinger fordert daher weitere Lockungsmaßnahmen in den Pflegeheimen. Derzeit dürfen Bewohnerinnen und Bewohner nur zwei Mal pro Woche Besuch erhalten. Zumindest für bereits Geimpfte und für Genesene sollte es aus Bachingers Sicht großzügigere Regeln geben. Der sozialdemokratische Pensionistenverband und der Seniorenbund der ÖVP fordern tägliche Besuchsmöglichkeiten. "Dass man seine Eltern oder Großeltern heute immer noch nicht öfter als zweimal in der Woche besuchen kann, ist nicht nur unmenschlich, es ist auch aufgrund der aktuellen Daten nicht mehr nachvollziehbar", sagt der SP-Pensionistenvertreter Peter Kostelka mit Verweis auf den "Fünffachschutz" durch Impfung, Zutrittstests, Desinfektion, Maskenpflicht und Abstandsregel. Seniorenbundchefin Ingrid Korosec betont, dass auch in Krankenhäusern tägliche Besuche möglich sind: "Wer geimpft ist, muss raus aus der Isolation."
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt sich gesprächsbereit. Man überlege derzeit, eine weitere Liberalisierung durchzuführen, sagte er in einer Pressekonferenz. Die Erfolg der Impfungen in Alten- und Pflegeheimen sei "fantastisch". Auch eine ausgeweitete Besuchstätigkeit müsse aber kontrolliert und geschützt bleiben, mit Testpflicht und Tragen von FFP2-Masken. Außerdem betont das Ministerium, dass in den Heimen weiter geimpft wird, um auch neu eingezogene sowie Personen zu erreichen, die bisher unentschieden waren.
Jüngere Senioren noch nicht geimpft
Allerdings leben nur die wenigsten Alten in den bereits weitgehend durchgeimpften Pflegeheimen, wie von OGM ausgewerteten Zahlen der abgestimmten Erwerbsstatistik zeigen. Ende 2018 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) waren es gerade einmal sieben Prozent der fast 834.000 über 75-Jährigen. Etwas mehr in Salzburg (8,8 Prozent), Oberösterreich (8,0) und Wien (7,9), deutlich weniger in Niederösterreich (4,7) und dem Burgenland (5,5 Prozent). Der überwiegende Großteil lebt also in Privathaushalten, wie OGM-Experte Johannes Klotz erläutert. Und hier ist die durchschnittliche Durchimpfung noch deutlich geringer.
Auch der Simulationsexperte Niki Popper verweist darauf, dass gerade die jüngeren Senioren ab 65 noch kaum geimpft wurden. Sie machen aber einen Gutteil der Intensivpatienten aus. Popper rät der Politik daher, diese "Impflücke" rasch zu schließen und Öffnungen - etwa für die Kultur - im Mai anzupeilen. Einzig die Schulen würde Popper schon nach Ostern gänzlich öffnen, weil dort mit dreimal wöchentlich durchgeführten Tests breite Screenings möglich seien. Jetzt zu meinen, mit dem Schutz der Pflegeheime könne man breite Öffnungen durchführen, wäre "brandgefährlich", so Popper. Aber: "Ende April wird die Stimmung sehr viel besser sein."