Alma Zadić ist zurück: Rund zwei Monate lang war die Justizministerin in Babypause, am Dienstagvormittag hat sie formal wieder das Amt von ihrem Vertreter, Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler übernommen.
Auch wenn die beiden bei der Übergabe – Justitia-Büste als Dankeschön für die Vertretung inklusive – bemüht waren, alles als ganz normal darzustellen: In den beiden Monaten, in denen Zadić weg war, ist im Ministerium gefühlt kein Stein auf dem anderen geblieben. Eine Auswahl der Baustellen, die sich seither aufgetan haben:
1. Justiz vs. Justiz
In den Führungszirkeln des Ministeriums rumort es gewaltig. Erst am Montagabend wurde das Mobiltelefon des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, auf Anordnung von Innsbrucker Ermittlern beschlagnahmt. Zwei Wochen zuvor war dasselbe dem Sektionschef für Straflegistik Christian Pilnacek widerfahren, den Kogler kurz darauf vorläufig suspendiert hatte. In beiden Fällen geht es um Ermittlungen wegen angeblicher Weitergabe von Details aus Akten – die Beschuldigten bestreiten das.
Zadić hat am Dienstag mit Fuchs telefoniert und ihm die Aufsicht über die Korruptionsstaatsanswaltschaft, Verschlusssachen und alle den Ibiza-U-Ausschuss betreffenden Causen entzogen. Außerdem hat das Ministerium Fuchs beim Disziplinargericht angezeigt und angeregt, eine Suspendierung zu prüfen.
2. ÖVP vs. WKStA
Nach einer Hausdurchsuchung bei FInanzminister Gernot Blümel im Rahmen von Parteispenden-Ermittlungen hatte die Volkspartei eine Breitseite gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft losgelassen: Bundeskanzler Sebastian Kurz etwa warf ihr „viele Verfehlungen“ vor, die Partei stellte auch einen Umbau der Behörde in den Raum.
Zadić hat sich anlässlich ihrer Rückkehr hinter die Ermittler gestellt – zwar ohne direkten Bezug auf den Koalitionsparnter, aber durchaus deutlich: Grundsätzlich seien sachliche Überlegungen, wo es Optimierungsbedarf gebe, zulässig und erwünscht: „Was ich entschieden zurückweise, sind unsachliche Angriffe, die die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft und der Gerichte in Frage stellen.“
3. Bundesstaatsanwalt
Aus dem Konflikt zwischen ÖVP und Justiz entsprang die Ankündigung einer Reform: Statt wie bisher die Justizministerin soll in Zukunft ein weisungsfreier Bundesstaatsanwalt für die Aufsicht über die Ankläger zuständig sein.
Eine Idee, die die Grünen seit Jahren vertreten – noch in den Koalitionsverhandlungen hatte die ÖVP aber Nein gesagt. Im Rahmen der Transparenzinitiative nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Blümel scheint das nun möglich – der Teufel steckt aber im Detail; Als besonders umstritten gilt etwa die Frage, wer die neue Weisungsspitze bestellen soll – das Parlament, wie es die ÖVP will, oder eine Expertenrunde, wie sich das die Grünen vorstellen. Zadić kündigt die Einrichtung einer Arbeitsgruppe an.
4. Informationsfreiheit
Eigentlich schon im vergangenen Sommer fertig hätte die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sein sollen – erst in den vergangenen Wochen kam Bewegung in die Sache, inzwischen liegt ein Entwurf der Koalition vor. In den kommenden Monaten geht es nun darum, eine Oppositionspartei zu überzeugen, die es für die Verfassungsmehrheit braucht.
5. Maklergebühren und Co.
Durch die Pandemie haben sich zahlreiche weitere Reformen verzögert, die im Regierungsprogramm angekündigt worden sind; darunter etwa die stärkere Differenzierung von Ehe und eingetragener Partnerschaft, der Überarbeitung des Scheidungsrechts und vielem mehr. Schon seit längerem Überfällig ist auch der Entwurf, der Maklergebühren endgültig auf Vermieterseite verschieben soll
Wie Zadić selbst anmerkt: „Langweilig wird uns in der Justiz nie“.
Georg Renner