Das Negativ-Schlagzeilen-erprobte Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist Geschichte. Das verkündeten Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer am Montagvormittag. Man habe sich auf eine Reform geeinigt, die eine „komplette Neuaufstellung“ der Behörde vorsehe, bei der „kein Stein auf dem anderen bleiben werde“. Was tatsächlich nicht bleiben wird, ist der Name. Aus dem BVT soll die DSN werde, die „Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst“.
Zentrale Punkte der Reform sind seit längerem bekannt, unter anderem soll es eine strenge Trennung von nachrichtendienstlichem und polizeilichem Bereich geben. Damit würde man dem Vorbild anderer internationaler Dienste und der langjährigen Forderung von Experten folgen. Aktuell müsste ein Beamter bei nachrichtendienstlichen Ermittlungen auch gleich Delikte zur Anzeige bringen, wofür er seine Ermittlungsunterlagen inklusive Quellen offenlegen müsste. Künftig soll das nicht mehr nötig bzw. überhaupt möglich sein.
Entmachtung der Landesämter?
Die türkis-grünen Pläne sehen zudem vor, dass den Landesämtern (LVT) die nachrichtendienstliche Arbeit quasi entzogen und bundesweit zentralisiert wird. Einer Entmachtung komme das aber nicht gleich, versichert man im Innenministerium eilig. In den Ländern solle man sich künftig vor allem auf den Staatsschutz konzentrieren, Details dazu seien in Ausarbeitung.
Die Trennung der Bereiche sei ein längst überfälliger Schritt, erklärt Terrorismusexperte Nicolas Stockhammer. Die Befürchtung der SPÖ, dass diese nur auf dem Papier stattfinde, teile er vorerst nicht. „Man wird sich die finale Ausgestaltung dieser Reform anschauen müssen. Aber eines ist klar: Nach den Pannen bei den Ermittlungen zum Terroranschlag schaut jetzt ganz Europa auf uns, wie ernst wir es mit dieser Neuaufstellung meinen.“
"Das ist längst überfällig"
Dass ein mehrjähriges Politik-Verbot für Führungskräfte geplant ist und auch das Personal gewissenhafter ausgewählt werden soll, begrüßt Stockhammer. „Das ist natürlich längst überfällig. Man hat in der Vergangenheit häufig Beamte aus dem Polizeidienst in die Behörde geholt. Jetzt gelten für alle Bewerberinnen und Bewerber die gleichen Voraussetzungen.“ Die erweiterte Verlässlichkeitsprüfung habe man in dieser Form von den Heeresdiensten übernommen. Dass die Aufnahmekriterien eingehalten werden, sei essenziell, sagt Stockhammer. „Auch hier wird man im In- und Ausland besonders genau hinschauen.“
Dass es ein Ausbau der Kontrollrechte und Berichtspflichten sowie die Einrichtung einer unabhängigen Kontrollkommission in die Reform geschafft haben, trage klar die Handschrift der Grünen, sagt Stockhammer. „Die Kontrolle ist wichtig und zeigt, dass wir aus vergangenen Fehlern lernen.“ Angesichts der erweiterten Berichtspflicht gegenüber den Parlamentsparteien hält Stockhammer fest: „Das darf aber natürlich nur in einem geschlossenen Kreis geschehen.“
Regierung rechnet mit SPÖ-Zustimmung
Für die Einrichtung der Kontrollkommission ist übrigens eine Zweidrittelmehrheit nötig, die SPÖ scheint aktuell der wahrscheinlichste Partner für die Regierung zu sein. In den türkis-grünen Reihen rechnet man hier fix mit einer Zusage, stimme die Partei doch sonst ausgerechnet gegen jenes Gremium, das sie selbst gefordert hatte.
Neben seinem alten, in Verruf geratenen Namen will der neue Staatsschutz auch seinen Standort ändern. Als wahrscheinlichste Variante gilt derzeit eine Übersiedlung in die Meidlinger Kaserne im 12. Bezirk, bestätigt ist das aber noch nicht.
Doch auch ein neuer Name und Standort könne den Verfassungsschutz nicht von heute auf morgen reparieren, sagt Stockhammer. „Bis sich die neuen Prozesse eingespielt haben und die Beamtinnen und Beamten sich darin zurechtfinden, wird es wohl länger dauern." Die Reform selbst soll bis zum Sommer im Parlament beschlossen werden.