Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Montag einen Erlass an die Länder zur Durchsetzung der Impfreihenfolge vorgelegt.
Damit will der Minister die unterschiedliche Priorisierung in den Impfplänen der einzelnen Bundesländer vereinheitlichen. Es soll sichergestellt werden, dass zuerst ältere Menschen und Risikopatienten geimpft werden. Die rasche Verimpfung in der in den nächsten Monaten steigenden Liefermengen werde “entscheidend” sein, so der Minister.
Bei einem Erlass handelt es sich um Verwaltungsverordnungen, quasi "Dienstanweisungen" an die nachgeordneten Organwalter, in diesem Fall die Landeshauptleute, die in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung an Weisungen des zuständigen Bundesministers gebunden sind.
Darin ist kraft Weisung eine verbindliche Interpretation von Gesetzen oder Verordnungen oder auch Anordnungen, auf welche konkrete Art und Weise die Vollziehung eines Gesetzes oder einer Verordnung vorgenommen werden soll, enthalten.
Laut dem aktuellen Impfplan wird etwa empfohlen, dass nach einer laborgesicherten SARS-CoV-2-Infektion eine Impfung für sechs bis acht Monate aufgeschoben wird.
Danach soll dann nur eine Dosis verabreicht werden. Für den Fall, dass es zwischen der ersten und der zweiten Dosis zu einer Infektion kommt, so soll wiederum die zweite Dosis um sechs bis acht Monate aufgeschoben werden.
Gravierende Unterschiede zwischen den Bundesländern
Dass die Bundesländer bisher nicht gemäß des nun aktualisierten Bundes-Impfplans gehandelt haben, zeigen aktuelle Zahlen. Laut Impfregister wurde bislang erst ein Drittel der über eine Million Impfungen an die Altersgruppe ab 75 gegangen.
Besonders gering ist die Durchimpfung der ab 75-Jährigen in Wien, Niederösterreich und der Steiermark. Und anstatt der jüngeren Senioren ab 65 wurden bisher Berufstätige geimpft.
Österreichweit hat in der Altersgruppe der 75 bis 84-Jährigen erst ein gutes Viertel ihre erste Impfung erhalten (26,3 Prozent), bei den über 85-Jährigen ist es die Hälfte (52,2 Prozent).
Wie von der APA ausgewertete Zahlen des Gesundheitsministeriums zeigen, gibt es aber gravierende Unterschiede zwischen den Bundesländern: Während Niederösterreich und Wien erst ein gutes Drittel der Ältesten ab 85 mit einer ersten Impfung versorgt haben, sind es in den anderen Ländern schon um die 60 Prozent.
Bei den 75 bis 84-Jährigen sind die Steiermark (16 Prozent) und Wien (17 Prozent) Schlusslichter, während Tirol und Vorarlberg hier schon fast 40 Prozent geimpft haben.
Bis zumindest acht von zehn Menschen ab 75 einmal geimpft wurden,
wird es beim jetzigen Tempo noch fast sechs Wochen dauern. Selbst
die Durchimpfung von 80 Prozent der über 85-Jährigen wäre beim
aktuellen Tempo erst Mitte April erreicht.
Interessant ist auch, dass die jüngeren Seniorinnen und Senioren bei den Impfungen bisher kaum berücksichtigt wurden: Denn während erst 5,8 Prozent der 65 bis 74-Jährigen zumindest einmal geimpft wurden, sind es bei den 25 bis 34-Jährigen schon 6,4 und bei den 35 bis 44-Jährigen bereits 8,0 Prozent (gemessen jeweils an der Bevölkerungszahl zum 1. Jänner 2020).
Anschobers Erlass schreibt den Ländern nun vor, Personal in Schulen, Kindergärten und Kinderbetreuungseinrichtungen erst zu impfen, wenn "allen Personen über 65 Jahren zeitnah eine Impfung angeboten wird".
In Summe wurden vorige Woche mit 223.062 Impfungen erstmals die 200.000er Marke durchbrochen. Der bisher stärkste Tag war der 12. März mit 49.316 Impfungen. Auch die Massenimpfungen im Tiroler Bezirk Schwaz schlagen in der Statistik deutlich durch: In Tirol wurden vorige Woche 59.558 Impfungen durchgeführt - fast die Hälfte aller bisher in Tirol durchgeführten Impfungen.
Der Impfplan laut Erlass im Detail:
Phase 1A
- Bewohnerinnen und Bewohner von Alten-, Pflege- und Seniorenwohnheimen
- Personal in Alten-, Pflege- und Seniorenwohnheimen mit und ohne Kontakt zu Bewohnerinnen und Bewohnern und Personen mit regelmäßiger Tätigkeit oder regelmäßige Aufenthalt in Alten-, Pflege- und Seniorenwohnheim
- Personen im Alter von ≥ 80 Jahren
- Personal im Gesundheitsbereich der Kategorie I (z.B. Notaufnahme, Betreuerinnen und Betreuer von COVID-19 Patienten, Rettungsdienst, testendes Personal, etc.)
Phase 1B
- Personen (unabhängig vom Alter) Mit Vorerkrankungen und besonders hohem Risiko, sofern institutionell erreichbar (z.B. über Tageskliniken, Dialysestationen)
- Personal im Gesundheitsbereich der Kategorie II (z.B. ärztlicher Notdienst, Allgemeinmediziner, Pädiatrie, Augenheilkunde, impfendes Personal)
- Personal in der mobilen Pflege, Betreuung, Krankenpflege
- Menschen mit Behinderung mit persönlicher Assistenz sowie deren persönliche Assistentinnen und Assistenten
Phase 2 (Priorisierung erfolgt nach Alter und gesundheitlichen Risiken, beginnend mit der Gruppe der älteren Personen und Personen mit hohen gesundheitlichen Risiken)
- Gruppen, bei denen von einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf ausgegangen wird, insbesondere: Personen im Alter von 65 bis 79 Jahren - abgestuft nach Alter und gesundheitlichen Risiken
- Personen unter 65 Jahren mit Vorerkrankungen mit hohem Risiko
- Personen in 24h-Betreuung sowie deren Betreuungspersonen
Vorausgesetzt, dass allen Personen über 65 Jahren zeitnah eine Impfung angeboten wird, können folgende Personengruppen in Phase 2 parallel geimpft werden:
- Enge Kontaktpersonen von Schwangeren wegen des potentiell schweren Krankheitsverlaufes bei Schwangeren
- Personal im Gesundheitsbereich der Kategorie III und IV (Personal in niedergelassenen Ordinationen, Personal in Sonderkrankenanstalten und Kuranstalten, …)
- Personal in Schulen, Kindergärten, Kinderkrippen und Kinderbetreuungseinrichtungen
- Ausgewählte Beschäftigte mit direktem Personenkontakt und erhöhtem Ansteckungsrisiko – insbesondere in Polizei, Strafvollzug, Bundesheer
- Im Falle einer ausreichenden Verfügbarkeit in der Altersgruppe unter 65 Jahren Personen mit erhöhtem Risiko (nach Priorisierung des Nationalen Impfgremiums)
Phase 3 (Priorisierung erfolgt weiter nach Alter und gesundheitlichen Risiken)
Entsprechend der Verfügbarkeit von Impfstoffen sowie deren Eigenschaften, soll auf Basis der Priorisierung des Nationalen Impfgremiums sowie logistischer Überlegungen die Impfung breitflächig in ganz Österreich ausgerollt werden, zusätzlich zu den in Phase 1 und 2 genannten Gruppen.
Weiters kann zusätzlich (unter der Voraussetzung von ausreichend verfügbaren Impfstoffen) eine Priorisierung aufgrund der Lebens- und Arbeitsverhältnisse (sowohl haupt- als auch ehrenamtlich) erfolgen, wie zum Beispiel:
- Bewohnerinnen und Bewohner in engen/prekären Wohnverhältnissen (Gemeinschaftsunterkünfte, etc.)
- Personen mit unbedingt erforderlicher grenzüberschreitender Reisetätigkeit aufgrund familiärer Verpflichtungen
- Personal in Arbeitsverhältnissen oder Betätigungsfeldern, die eine Virusübertragung begünstigen
- Personal zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Verwaltung und Gerichtsbarkeit, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
- Personen mit regelmäßigem Kunden- bzw. Personenkontakt
- Personen mit beruflich unbedingt erforderlicher grenzüberschreitender Reisetätigkeit
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Priorisierung nach organisatorischen Aspekten. Hier ist ausschlaggebend, dass einfach und rasch eine große Personenanzahl geimpft werden kann, unter primärer Verwendung von organisationseigenen Ressourcen (betriebliches Impfen; Personenkreise, welche leicht zentral erreicht und geimpft werden können). Die Phase 3 ist mit der Impfung aller Personen in Österreich, die sich impfen lassen möchten, abgeschlossen.