Mit einer eigenen Whistleblower-Plattform will die Stadt Wien verstärkt dazu beitragen, die Korruption in der Stadt zu bekämpfen. Über die Online-Plattform können ab sofort alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt anonym und verschlüsselt mögliche Missstände an die Stadt herantragen. Die Interne Revision und Compliance in der Magistratsdirektion überprüft daraufhin die Informationen und leitet je nach Fall entsprechend rechtliche Schritte ein.
"Wir sehen an den aktuellen Diskussionen, dass es gerade jetzt wichtig ist, Vertrauen in die Politik und die öffentliche Verwaltung zu schaffen", erklärt der für Transparenz zuständige Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) am Montag in einer Pressekonferenz.
Es gehe bei der Plattform aber nicht nur darum, Vertrauen herzustellen, sondern auch darum, Schaden für die öffentliche Hand abzuwenden. Die Plattform wende sich beispielsweise auch an externe Vertragspartner der Stadt. Gemeldet werden sollen mögliche Korruptionsfälle, Wirtschaftsdelikte wie Untreue oder Compliance-Verstöße, sowie Vorwürfe der Bestechlichkeit oder der Steuerverschwendung.
Meldungen bleiben anonym und werden verschlüsselt
Um Hinweisgeber zu schützen, werde mit allen Sicherheitsstandards gearbeitet, so Wiederkehr. Alle Meldungen werden verschlüsselt und auf einer externen Datenbank in einem Hochsicherheitszentrum hinterlegt. Jede Meldung erfolge zudem anonym und könne nicht nachvollzogen werden. Damit schaffe man auch entsprechende europäische Richtlinien für diese Plattform, so Wiederkehr.
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht im "Wiener Hinweisgeber System", wie er es nennt, eine logische Weiterentwicklung des Anti-Korruptionstelefons, das seit 2005 existiert. "Wichtig ist mir aber, damit kein Misstrauen gegenüber den Mitarbeitern der Stadt zu erzeugen. Ich verstehe unter diese Möglichkeit, die Kultur der Transparenz und des Vertrauens auszubauen", so Ludwig, der Wien sowohl österreichweit als auch international als Vorreiter im Bereich der Transparenz sieht.
Ein schriftlicher Bericht der Whistleblower-Plattform, wie es ihn vergleichsweise beim Rechnungshof gibt, sei derzeit nicht vorgesehen. Die Stadtregierung werde sich aber von der zuständigen Internen Revision über die Meldungen berichten lassen, so Wiederkehr.
Forderung nach einer Ombudsstelle im Bund
Wann der Stadtrechnungshof in Wien mehr Rechte bekommt, ist indes noch offen. Angekündigt wurden entsprechende Maßnahmen im rot-pinken Koalitionsabkommen. Ausgearbeitet sind diese aber noch nicht. Man sei derzeit dabei, gemeinsam Maßnahmen anzudenken, erklärt Ludwig.
Für mehr als überfällig hält der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp mehr Rechte für den Stadtrechnungshof, insbesondere im Hinblick auf stadtnahe Unternehmen. "Von den groß angekündigten Maßnahmen der NEOS, mehr Transparenz im Bereich des tiefroten Systems der Stadt Wien zu schaffen, ist nichts mehr übriggeblieben. Nur eine Whistleblower-Plattform anzukündigen, ohne genaue Details zu nennen ist eine Blamage der Sonderklasse", kritisiert Nepp.
Sowohl der Bürgermeister als auch sein Vize begrüßen indes die auf Bundesebene angekündigte Reform des Informationsfreiheitsgesetzes und die damit einhergehende Aufhebung des Amtsgeheimnisses. "Es ist ein jahrelang versprochener, wichtiger Schritt. Wir haben auch beschlossen, in Wien noch einen Schritt weiterzugehen", kündigt Wiederkehr an.
So plant die Stadt Wien, das Auskunftspflichtgesetz zu reformieren und auch eine eigene Ombudsstelle für die Informationsfreiheit zu schaffen. "Wichtig wäre eine entsprechende Ombudsstelle auch auf Bundesebene. Bisher scheiterte die Einführung aber am Widerstand der ÖVP", so Wiederkehr.
Andreas Terler