Wer schon einmal versucht hat, Informationen vom Staat zu bekommen, weiß, dass der alles andere als freigiebig damit ist.
Ein Beispiel: Vergangenen September, als Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) angesichts wieder steigender Corona-Zahlen wieder anordnete, im Handel Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wollte der Autor dieser Zeilen wissen, auf welcher Grundlage diese Entscheidung getroffen wurde - und wer daran aller mitgearbeitet hatte. Eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz - eingebracht über die Plattform "Frag den Staat" - versandete vorerst in den Mühlen der Bürokratie: Es gäbe keine Verpflichtung, Bürgern Einsicht in Akten zu gewähren und auch die Erwägungen hinter einer ministeriellen Entscheidung würden nicht der Auskunftspflicht unterliegen. Anders gesagt: Viel mehr, als dass es eine Verordnung gibt, erfährt man nicht.
Nur eine Detailaufnahme freilich; aber eine, die zeigt, wie ernst es der Republik nach wie vor mit dem Amtsgeheimnis ist. Es steht in Verfassungsrang und gibt öffentlich Bediensteten weiten Spielraum, im Zweifelsfall lieber nichts zu sagen - ob es um die Details von Beschaffungsvorgängen geht, um die Frage, welche Unternehmen wie viel Corona-Hilfen bekamen oder welche ehemaligen Minister von ihrem Recht auf Gehaltsfortzahlung Gebrauch machten.
Das soll sich ändern: Nach jahrelangen Forderungen durch Aktivisten wie das "Forum Informationsfreiheit" und (wechselnde) Oppositionsparteien soll es noch im Februar so weit sein - und die türkis-grüne Regierung wird ein "Informationsfreiheitsgesetz" vorlegen, das das Prinzip Amtsgeheimnis durch grundsätzliche Informationsfreiheit ersetzen soll.
"Müssen Vertrauen der Bürger wiederherstellen"
"Wir sind in der finalen Abstimmung", sagt die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Ursprünglich war der Gesetzesvorschlag für noch vor vergangenem Sommer angekündigt worden - die Verhandlungen zogen sich aber, als Gründe genannt wurde Widerstand aus Ländern und Gemeinden, die beträchtlichen Verwaltungsaufwand fürchteten.
Dass es nun plötzlich so schnell gehen soll, dürfte nicht zuletzt an den Korruptionsermittlungen gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) liegen. "Wir sind gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass es jetzt nötig ist, das Vertrauen der Bürger in die Politik wiederherzustellen", antwortet Maurer auf die Frage, ob die Grünen den Schwung der türkisen Krise genutzt haben, dieses Anliegen durchzubringen.
Drei Reformen sollen dazu dienen, dieses Vertrauen wieder aufzubauen - die kurzfristig vereinbarte Installation eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts und die bereits im Regierungsprogramm vorgesehenen neuen Regeln zur Parteienfinanzierung (Stichwort: Prüfung durch den Rechnungshof) werden aber noch länger dauern. Praktisch fertig ist die Koalition aber nun mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses, sagt Maurer.
Auch Opposition muss noch zustimmen
Im Wesentlichen habe sich nichts an den im Regierungsprogramm festgelegten Prinzipien geändert, so die Klubobfrau: An die Stelle der Amtsverschwiegenheit soll ein einklagbares Recht auf Informationen und Zugang zu Dokumenten treten, staatliche Institutionen sollen sogar verpflichtet sein, Informationen von sich aus zu veröffentlichen.
Das Forum Informationsfreiheit hatte die Pläne im Grunde begrüßt, aber kritisiert, dass es keine unabhängige Stelle geben soll, die die Einhaltung der auskunftspflicht schnell beurteilt - und die im internationalen Vergleich langen Fristen bemängelt. "Positive Punkte, aber erst der Gesetzesentwurf wird entscheidend", schrieb Mathias Huter, Generalsekretär des Forums.
Ebendieser Entwurf soll nun "in den nächsten Tagen" vorliegen. Fix ist die Abschaffung des Amtsgeheimnisses damit aber noch nicht - denn dazu braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, und damit die Zustimmung von entweder SPÖ oder FPÖ zu den Regierungsplänen.
Georg Renner