Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sieht die Koalition mit der ÖVP nicht am Ende. Er "gehe noch davon aus" und halte es "auch für wahrscheinlich", dass die Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode durchhält, sagte er am Montag in der "ZiB2". Allerdings teilte er auch mit, dass er nicht wisse, ob die Grünen Abgeordneten in der Nationalratssondersitzung gegen oder für den Misstrauensantrag der FPÖ gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) stimmen werden.
"Erstens weiß ich es nicht und zweitens nehme ich darauf keinen Einfluss", sagte Kogler. Er sei nicht nur Parteichef, sondern vertrete derzeit auch die Justizministerin. Und es wäre "wichtig, dass sich die Justiz hier raushält", merkte er an. Grüne und ÖVP würden in "zentralen Bereichen" - von Pandemie bis Klimaschutz - "hervorragend zusammenarbeiten", man könne "nicht immer nur auf einen Teil den Fokus richten".
Die Forderung nach dem Rücktritt Blümels - weil dieser von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Sachen Novomatic als Beschuldigter geführt wird - erhob Kogler nicht. Denn: "Eine Hausdurchsuchung ist keine Anklage", ob die Amtsfähigkeit beeinträchtigt sei müsse Blümel selbst beantworten - und dass der Minister "Entflechtungen" im Bereich Glücksspiel wolle sei "ein Fortschritt".
Davon dass Blümel Beschuldigter ist hat der amtierende Justizminister, wie er betonte, Dienstagnachmittag über Twitter - wo ein "Dossier"-Journalist eine Auflistung der im Casinos-Akt als solche geführten - erfahren. Dass laut "ZiB2"-Recherchen die Oberstaatsanwaltschaft schon am 29. Jänner dem Ibiza-U-Ausschuss Akten übermittelte, in denen Blümels Beschuldigtenstatus aufscheint, befand Kogler für richtig: Nachdem es früher viel Kritik gegeben habe, übermittle die Justiz dem U-Ausschuss Unterlagen jetzt immer so rasch wie möglich.
Kogler fand auch nichts daran auszusetzen, dass Blümel mehrere Wochen nicht von der Justiz informiert wurde: "Er wurde informiert" - im Gespräch mit der Sektionschefin nach dem Leak -, die Zeitspanne, wann dies geboten ist, sei immer strittig, und es seien ja erst noch Ermittlungen nötig gewesen. "Ein solcher Umstand ist mir nicht bekannt" antwortete er auf die Frage, ob vielleicht auch gegen Kurz ermittelt werde.
Kogler tritt Kurz-Kritik an WKStA entgegen
Dessen Kritik an der WKStA trat Kogler entgegen. So führe die vom Kanzler dargestellte Relation zwischen von der WKStA Beschuldigten und letztlich Verurteilten "in die Irre". Denn es seien nicht 40.000 Beschuldigte, sondern "Beschuldigte im weiteren Sinn" - und das umfasse in der Justiz-Statistik auch Verdächtige, also Menschen, bei denen überhaupt erst geprüft wird, ob ein Anfangsverdacht gegeben ist. Solche "Zurufe zeugen nicht von viel Sachverstand", merkte Kogler an.
Die WKStA habe sein Vertrauen, betonte der aktuelle Justizminister, "wir stellen uns hinter eine unabhängige Justiz und da spielen die Staatsanwälte eine ganz große Rolle". "Dass einmal ein Fehler passiert gehört auch zu den Checks und Balances im Rechtsstaat", befand er. Nötig sei eine Stärkung der Unabhängigkeit. Dass die ÖVP jetzt auch einem Bundesstaatsanwalt zustimmt, haben die Grünen bereits begrüßt. Was verhindert werden sollte sei, dass Informationen - wie jene über einen Beschuldigtenstatus - vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangen, räumte Kogler ein.