Wien übt scharfe Kritik an den in der Nacht auf Donnerstag durchgesetzten Abschiebungen von drei Schülerinnen nach Georgien bzw. Armenien.
Die Stadtregierungsparteien SPÖ und NEOS forderten im Gemeinderat die türkis-grüne Bundesregierung via Resolutionsantrag auf, "sich zum humanitären Bleiberecht zu bekennen und diese grausamen Abschiebungen zurückzunehmen". Die Grünen - in der Bundeshauptstadt nunmehr in Opposition - werden den Appell ebenfalls unterstützen.
"Gerade auch - aber nicht nur - in einer Zeit der Pandemie mit einer hohen psychischen Grundbelastung für Kinder und Jugendliche stellen diese nächtlichen Abschiebungen einen extremen Härtefall dar, denn die besonders gut integrierten und schutzbedürftigen Personen werden einem hohen psychischen und physischen Gesundheitsrisiko ausgesetzt", heißt es im Antragstext.
Wien fordert mehr Mitspracherecht für Bundesländer
Außerdem drängt die Bundeshauptstadt auf mehr Mitspracherecht. Gefordert wird, "die betroffenen Länder bzw. Gemeinden im Verfahren über die Gewährung von humanitärem Bleiberecht von den Bundesbehörden verpflichtend anzuhören, um die lokalen Gegebenheiten in der Entscheidung berücksichtigen zu können".
"Es gibt kein einziges Argument dafür, dass ein Staat perfekt integrierte Kinder und ihre Familien aus ihrem Leben reißt und in ein für sie fremdes Land abschiebt", meinte SPÖ-Abgeordneter Christian Oxonitsch. Sein Parteifreund Marcus Gremel meinte in Richtung ÖVP: "Es ist zum Schämen. Mit Christlichkeit und Nächstenliebe hat das überhaupt nichts zu tun."
NEOS-Klubchefin Bettina Emmerling ergänzte: "Rechtlich mag die Bundesregierung auf der sicheren Seite sein - moralisch und politisch ist die Aktion von vergangener Nacht eine Bankrotterklärung von ÖVP und den Grünen."
Letztere haben die Unterstützung des rot-pinken Antrags angekündigt und sprachen in einer Parteiaussendung von einer "Nacht der Unmenschlichkeit und Kaltherzigkeit", sahen die eigene Partei auf Bundesebene aber offenbar nicht allzu sehr in der Verantwortung: "Was letzte Nacht passiert ist, ist das Resultat von jahrzehntelangen Verschärfungen des Asyl- und Fremdenrechts durch ÖVP, SPÖ und FPÖ."
Abgeordnete Berivan Aslan meinte: "Es ist einfach beschämend. Dafür gibt es keine Rechtfertigung." Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten müssten an einem Strang ziehen, um sich gegen die "menschenunwürdige Menschenrechtspolitik nicht nur der FPÖ, sondern auch der ÖVP" zu stellen.
Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp übte bezüglich der Abschiebungen ebenfalls Kritik - allerdings am "Behördenversagen". "Es ist bezeichnend für den desaströsen Zustand des ÖVP-Innenministeriums, dass Personen, deren Asylfall aussichtslos erscheint, den Behörden über zehn Jahre auf der Nase herumtanzen können", formulierte er. Nepp forderte eine gesetzliche Verankerung von "verkürzten Asylverfahren bei chancenlosen Fällen", damit Betroffene das Land "innerhalb kürzester Zeit" das Land wieder verlassen.