In der Sicherheitspolitischen Jahresvorschau, einer umfassenden Bedrohungsanalyse, die das Bundesheer jedes Jahr herausgibt, steht ein Szenario mit höchstem Impact für das Leben in Österreich und sehr hoher Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten Jahren eintritt, in einer Tabelle gleich neben Pandemie: der Blackout.
Ein tagelanger, großflächiger Stromausfall, der das Leben in Österreich und darüber hinaus lahmlegt. Nicht nur komplexe Systeme wie Computer brauchen Strom, auch Handymasten, Kühlschränke, Benzin- und Warmwasserpumpen: Es geht schnell ans Existenzielle.
Am Freitagnachmittag ist Europa an so einem Szenario vorbeigeschrammt. Wie knapp es war und wodurch es ausgelöst wurde, wird derzeit noch untersucht, heißt es von Experten.
Klar ist: Um 14.05 Uhr fiel die Frequenz des europäischen Verbundstromnetzes von ihrem regulären Wert knapp über 50 Hertz binnen Sekunden auf knapp unter 49,75 Hertz, nachdem durch einen noch unbekannten Zwischenfall in Südosteuropa ein Teil des gemeinsamen Netzes vom Verbundnetz abgetrennt worden war.
Es ist das erste Mal, seit 2006 eine Leitung in Norddeutschland für die Durchfahrt eines Schiffes gekappt wurde, dass die Frequenz des Netzes aus ihrem Regelbereich gefallen ist.
Anders gesagt: Das fragile Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch klaffte von einem Moment auf den anderen massiv auseinander – um die Produktionskapazität mehrerer Großkraftwerke. Das kann zur Folge haben, dass das Netz zwischen Kraftwerken und Verbrauchern zusammenbricht und der Strom tagelang ausfällt – wenn nicht schnell reagiert wird.
Notfallprotokoll hat funktioniert
In diesem Fall wurde schnell reagiert: Bei den Netzsteuerungsstellen (in Österreich die APG, Austrian Power Grid) schlugen Alarme an, daraufhin folgten Schritte „nach einem Notfallprotokoll“, wie man aus dem für Energie zuständigen Klimaministerium der Kleinen Zeitung bestätigt: In Frankreich und Italien schalteten einige Großverbraucher (vor allem Industriebetriebe) kurzzeitig ihre Maschinen ab, gleichzeitig fuhren zahlreiche Energieunternehmen zusätzliche Kraftwerkskapazitäten hoch – wodurch die Balance zwischen Produktion und Verbrauch wiederhergestellt werden konnte. Nach einer Stunde war der Spuk vorbei und das Netz kehrte auf seine übliche Frequenz zurück.
Grundsätzlich, heißt es aus dem Ministerium, sei die Lage im Netz im Winter angespannt, weil manche Staaten wie Frankreich beim Heizen stark auf strombetriebene Systeme setzen. Dass es aber trotz einer so schwerwiegenden Störung stabil blieb und die für solche Fälle vorgesehenen Protokolle eingehalten wurden, sei „im Grunde ein gutes Zeichen“.
Österreich "unzureichend vorbereitet"
Ein Zeichen dafür, wie schnell es gehen kann, sieht Herbert Saurugg von der Gesellschaft für Krisenvorsorge: „Ein Blackout wäre die Folge mehrerer für sich verhinderbarer Ereignisse“, sagt er zur Kleinen Zeitung – wie das Heer sieht er einen mehrtägigen Stromausfall als realistisches Krisenszenario, das in den nächsten Jahren eintreten könnte.
Österreich sei auf einen solchen Fall nur unzureichend vorbereitet: Weder was Haushalte angeht, die sich darauf einstellen sollten, bis zu zwei Wochen ohne Strom leben zu können (warme Kleidung, nichtverderbliche Lebensmittel, Kochmöglichkeit, Batterieradio) – noch was die Katastrophenbereitschaft staatlicher Institutionen angeht.
Georg Renner