Als Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Christine Aschbacher vor einem Jahr mit der Führung des Arbeits- und Familienministeriums betraute, galt sie als politisch unbeschriebenes Blatt. Insbesondere auch die Steirischen Parteikollegen waren eher überrascht, dass sie ins Regierungsteam berufen wurde.
Den Aufstieg hatte sie ihrer Vernetzung mit der Jungen ÖVP bzw. dem Kreis um Kurz, der zu großen Teilen diesem Netzwerk entstammt, zu verdanken - entgegen Berichten in der "Zeit im Bild" am Samstagabend, die in den Raum stellten, die steirische Partei habe sie Kurz aufgedrängt.
Die heute 37-jährige Steirerin kommt aber aus einer traditionellen ÖVP-Familie. Vater und Schwester Bürgermeister, der Onkel Abgeordneter - das prägt. Kurz selbst und seinen Büroleiter Bernhard Bonelli kennt Aschbacher seit ihrer Zeit in der Schülerunion. Das bewahrte sie nun aber nicht davor, wegen der Plagiatsaffäre als erste türkis-grüne Ministerin zurücktreten zu müssen.
Dass dies just in dem Moment geschieht, in dem ein anderer Steirer, Christian Buchmann, der als Landesrat über eine Plagiatsaffäre stolperte, als frischgebackener Bundesrats-Vorsitzender sein Comeback feiert, ist eine Ironie der Geschichte.
Keine Punkte im Arbeitsressort
An sich ist Aschbachers Ressort durchaus ein gewichtiges, verwaltete sie doch nicht nur die Familienagenden, sondern auch die unter türkis-grün vom Grünen Sozialministerium zur ÖVP gewanderte Zuständigkeit für den Arbeitsmarkt. Persönlich hatte es die dreifache Mutter und Leiterin einer Beratungsagentur in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Meisterschaft gebracht. Als Ministerin sah sie sich dafür zuständig, den Alltag auch anderen Familien zu erleichtern.
Von der Opposition schien sie mehr respektiert als andere Regierungsmitglieder, allerdings vor allem wegen ihrer freundlichen Art. Fachlich konnte sie kaum punkten. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Wirtschaftskrise ließen ihr wenig Raum, und den nützte sie kaum. Sie übte sich vor allem in der undankbaren Rolle, Woche für Woche neue Rekordwerte an Arbeitslosen und Kurzarbeitern zu vermelden.
Nicht trittsicher in der Kommunikation
Als trittsicher erwies sich Aschbacher auch nicht in der öffentlichen Inszenierung, der Fauxpas um den "Corona-Familienhärteausgleich" bescherte ihr ein gerüttelt Maß an negativer Presse. Das Geld zahlte die Ministerin Ende Mai persönlich und in bar an ein Kleinkind aus, ließ sich dabei von einem Kanzleramts-Fotografen für Pressebilder ablichten und rechtfertigte die Aktion danach mit dem Hinweis, das Baby habe eben nach dem Geld gegriffen.
Gestolpert ist Aschbacher nun allerdings über die Plagiatsaffäre. Der als "Plagiatsjäger" bekannte Universitätslektor und Sachverständige Stefan Weber attestierte der 2006 eingereichten Diplomarbeit der Ministerin "Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse".
Einreichung als Ministerin
Das Ganze hätte sich möglicherweise gerade noch als Jugendaffäre aussitzen lassen können, hätte Aschbacher nicht noch im vorigen Mai - also schon in ihrer Zeit als Ministerin - eine Dissertation an der Technischen Universität Bratislava eingereicht, die ebenfalls großflächig abgeschriebene Passagen enthält. Dies hat auch parteiintern für Fassungslosigkeit und Kopfschütteln gesorgt. Auch wenn Aschbacher nun darauf beharrt, ihre Arbeiten "nach bestem Wissen und Gewissen verfasst" zu haben und politische und mediale Vorverurteilung beklagt. Genau diese Art der Rechtfertigung - ohne Schuldeingeständnis, dafür voller Schuldzuweisungen an Dritte - sorgt erneut für heftige Kritik.
Geboren wurde Aschbacher am 10. Juli 1983 in Graz. Schon ihr Vater war ÖVP-Bürgermeister, ihre ältere Schwester ist Ortschefin in Wundschuh. Aschbacher sammelte politische Erfahrung im Kabinett von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sowie im Finanzressort unter Maria Fekter. Dies hatte das Team rund um Kanzler Kurz große Hoffnungen in sie setzen lassen.
Über etliche Jahre war Aschbacher auch im Beratungsbusiness tätig. Vor ihrem Wechsel in die Regierung betrieb sie die Agentur "Aschbacher Advisory".
Claudia Gigler