Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) tritt nach Plagiatsvorwürfen zurück. Nach der grünen Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek ist die Steirerin das zweite Mitglied der gerade ein Jahr alten türkis-grünen Mannschaft, die ihr Amt zurücklegt.
Wie berichtet waren ihre im Mai 2020 - also als sie bereits Ministerin war - abgegebene Dissertation sowie ihre Diplomarbeit von 2006 unter Plagiatsverdacht geraten.
In einer Aussendung erklärt Aschbacher dazu am Samstagabend abermals, sie habe ihre Arbeiten "stets nach bestem Wissen und Gewissen verfasst und der Beurteilung durch anerkannte Professoren vertraut".
Dissertation Aschbacher
Sie weist die Vorwürfe zurück, aber weil "die Medien und die politischen Mitstreiter, mir dieses faire Verfahren der Überprüfung nicht zugestehen und mich medial in unvorstellbarer Weise vorverurteilen" habe sie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstag informiert, ihr Amt zurückzulegen: "Die Anfeindungen, die politische Aufgeregtheit und die Untergriffe entladen sich leider nicht nur auf mich, sondern auch auf meine Kinder, und das mit unerträglicher Wucht. Das kann ich zum Schutz meiner Familie nicht weiter zulassen."
Nachfolger wird am Montag präsentiert
In einer der Kleinen Zeitung übermittelten Stellungnahme erklärt Kurz, er respektiere Aschbachers Entschluss und danke ihr "für ihren Einsatz im letzten, sehr herausfordernden Jahr". Ihr Nachfolger in der Funktion als Arbeitsminister werde am Montag präsentiert.
Verhalten die Reaktion aus der Steiermark: „Christine Aschbacher hat mich im Laufe des heutigen Tages über ihre persönliche Entscheidung informiert, die ich nicht erwartet, aber zu respektieren habe. Es geht vor allem um den Schutz ihrer Familie, das hat Vorrang!", so Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. "Christine hat sich in diesem einen Jahr in der Regierung von Tag zu Tag gesteigert und ihr großes Ressort mit Elan, Entschlossenheit, und Menschlichkeit geführt. Ich bedauere ihren Rücktritt und danke ihr namens des Heimat-Bundeslandes für den enormen Einsatz. Ich wünsche Christine für die Zukunft Glück und Erfolg“, erklärte Schützenhöfer.
Es hieß, die Steiermark werde nicht darauf bestehen, dass Aschbachers Nachfolger bzw. Nachfolgerin aus der Steiermark komme. Auch von ihrer Nominierung ins Regierungsteam vor genau einem Jahr war man hierzulande eher überrascht. Aschbacher hatte ihren Aufstieg ihren langjährigen guten Beziehungen zu Kanzler Kurz und seinem Team zu verdanken, die aus ihrer aktiven Zeit bei der Schülerunion rühren.
Die Nachfolge könnte auch ein Mann antreten. Von einigen Medien wurde der Arbeitsmarktexperte Helwig Aubauer genannt. Er ist Bereichsleiter für Arbeit & Soziales der Industriellenvereinigung.
"Die logische Konsequenz"
Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist es "die logische Konsequenz", dass Aschbacher zurücktritt. "Wir erwarten, dass jetzt rasch jemand die Arbeitsmarktagenden übernimmt, dem die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit konkreten Maßnahmen ein echtes Anliegen ist und von dem nicht wieder nur Lippenbekenntnisse und Ankündigungen kommen."
FPÖ-Obmann Norbert Hofer drückte Aschbacher für ihren Rücktritt seinen Respekt aus. "Dennoch ist eine Überprüfung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten durch die zuständigen Hochschulen unumgänglich", erklärte Hofer in einer Mitteilung. "Ich erwarte mir, dass dieses Ressort nun mit einem wirklichen Experten besetzt wird, der innerhalb der Regierung größeres Gewicht hat und der weiteren Schädigung des heimischen Arbeitsmarktes durch falsche, überzogene und gesundheitspolitisch nicht mehr zu begründende Maßnahmen seinen Widerstand entgegensetzt".
NEOS-Generalsekretär Nikola Donig begrüßte Aschbachers Abgang als "notwendigen Schritt für die Integrität der Politik". Bei der Schwere der Vorwürfe "ist dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit", erklärte Donig. Es sei wichtig, "dass gerade in einer der schwersten Krisen am Arbeitsmarkt das Ministeramt weder in Ansehen noch Handlungsfähigkeit beeinträchtigt wird." Das Ministerium müsse nun mit einer kompetenten Persönlichkeit nachbesetzt werden.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nahm Aschbachers Rücktritt zur Kenntnis: "Ich respektiere den Schritt von Christine Aschbacher und bedanke mich für die gute Zusammenarbeit in den letzten Monaten", schrieb Kogler am Samstagabend auf Twitter.