Traditionsreichen Unternehmen, die durch Corona in eine finanzielle Schieflage geraten sind, bietet die Stadt Wien seit dem Sommer eine neue Form der Unterstützung an. Über die “Stolz auf Wien GmbH”, die die Stadt gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und Investoren betreibt, stellt man betroffenen Firmen in Form einer befristeten Beteiligung Eigenkapital zur Verfügung. Mit dieser Überbrückungshilfe will die Stadt Leitbetriebe stabilisieren und Jobs sichern. Maximal beteiligt sich die GmbH an den Unternehmen mit 20 Prozent, nach spätestens sieben Jahren gehen die Anteile wieder an die Eigentümer zurück.
Das Interesse von Firmen sei groß, hieß es immer wieder vonseiten des Wiener Wirtschaftstadtrats Peter Hanke (SPÖ). Etwa 40 Betriebe hätten bislang um eine Beteiligung angesucht. Von 40 Millionen Euro des Fonds – die Hälfte davon kommt von der Stadt selbst – wurden aber bislang nur rund 3,5 Millionen in acht Firmen investiert. “Die Anfragen steigen an, es gibt ständig Gespräche. Manche Unternehmen sind noch in der Pipeline, andere wollen noch abwarten”, zeigt sich Barbara Forsthuber, die als Geschäftsführerin der “Stolz auf Wien GmbH” fungiert, dennoch zufrieden. Bis Ende des nächsten Jahres sollen alle Beteiligungen abgeschlossen werden. “Dann sollen es um die 60 sein”, sagt Forsthuber.
Unter den ersten Betrieben, an denen sich die Stadt beteiligt hat, befindet sich das Café Ritter in Ottakring. Martina Postl hat das 113 Jahre alte Kaffeehaus vor vier Jahren übernommen und komplett renoviert. Nach ersten Gewinnen zu Jahresbeginn traf Corona das Café “zum schlechtesten Zeitpunkt”, sagt Postl. Die Beteiligung der Stadt war für sie daher eine willkommene Unterstützung. “Es ist eine Art stille Beteiligung, es mischt sich also niemand in die Geschäftsführung ein”, so Postl.
Opposition kritisiert fehlende Transparenz
Von einer schnellen Hilfe kann aber keine Rede sein. Das Auswahlverfahren sowie die Prüfung und Bewertung durch zwei Wirtschaftsprüfer nimmt geraume Zeit in Anspruch: “Ich habe tausende Unterlagen liefern müssen, die Stadt macht das sehr ordentlich. Aber ich glaube, dass viele Unternehmen die Zahlen, die hier verlangt werden, nicht liefern können und deswegen davor zurückschrecken.” Als frühere Vorständin einer Private-Equity-Gesellschaft hätte sie da einen entscheidenden Vorteil gehabt.
Kaum Vorteile am städtischen Beteiligungsfonds sieht indes die Opposition in Wien. Sie kritisiert neben dem mangelnden Tempo vor allem die fehlende Transparenz im Hinblick auf die Rolle der Wien Holding, in der die “Stolz auf Wien GmbH” angesiedelt ist. “Vor dem Beschluss im Gemeinderat hat die SPÖ regelmäßige Berichte im Finanzausschuss und Kontrollmöglichkeiten zugesagt. Bisher gab es aber keinerlei Informationen darüber”, kritisiert ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch.
Auf eine schriftliche Anfrage der Volkspartei im Oktober antwortete SPÖ-Stadtrat Hanke, dass es sich bei der “Stolz auf Wien GmbH” als Teil der Wien Holding – einem Tochterunternehmen der Stadt – um keine Angelegenheit der Gemeindeverwaltung handle. Er müsse daher keine Auskunft geben. Wölbitsch fordert deshalb ein Fragerecht für alle Bereiche, an denen die Stadt beteiligt ist. Die Neos verlangten im April sogar einen eigenen Kontrollausschuss für die Beteiligungsgesellschaft. Im Koalitionsabkommen mit der SPÖ fehlt diese Maßnahme. Dort ist lediglich von einer geplanten Ausweitung des sogenannten Interpellationsrechtes auf die von der Stadt verwalteten Anstalten, Stiftungen und Fonds die Rede.
Andreas Terler