Herr Professor Schick, wie bewerten Sie dieses doch aufsehenerregende Urteil?
Peter Schick: Es ist vorerst ein Halbzeiturteil, bevor die obere Instanz dieses Urteil nicht bewertet hat, kann man schwer inhaltlich etwas dazu sagen.
Aber das Strafausmaß für den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser scheint mit acht Jahren doch sehr hoch zu sein, wie auch das für Walter Meischberger mit sieben und Peter Hochegger mit sechs Jahren.
Peter Schick: Wenn man die immer wieder kolportierte Strafdrohung mit zehn Jahren heranzieht, dann schon. Doch wenn die Untreue unter Ausnützung der Funktion eines Amtsträgers geschieht, dann erhöht sich die Strafandrohung um die Hälfte, also auf 15 Jahre. Im Hinblick darauf und da es sich beim ehemaligen Finanzminister um eine Person der Zeitgeschichte, um jemanden, der Vorbildwirkung haben sollte, handelt, bewegt sich das verhängte Strafmaß wieder im Bereich des Üblichen.
Die Verteidigung spricht von einem krassen Fehlurteil, der letzte Beweis, die sogenannte „rauchende Pistole“ fehle. Ein Makel, der dem Urteil anhaftet?
Peter Schick: Die Staatsanwaltschaft klagt aufgrund ihrer objektiven Beweise und Abwägung, ob eine Verurteilung realistisch ist, an. Der Richter muss bewerten und subjektiv überzeugt sein, dass es so war, wie es die Anklage darlegte. Die Bildung dieser subjektiven Überzeugung geschieht im Rahmen der freien Beweiswürdigung, bei welcher Richter nicht an Regeln gebunden sind, sie entscheiden frei nach ihrem Empfinden.
Im konkreten Fall handelte es sich um einen Schöffensenat mit einer vorsitzenden Richterin und zwei Laienrichtern, den Schöffen. Ist die Mitwirkung von Laien dann nicht ein Problem?
Peter Schick: Die zwei Laienrichter sind vielmehr eine Form der Objektivierung einer richterlichen Entscheidung. Die Vorsitzende kann darauf verweisen, dass es sich nicht um eine Einzelentscheidung, sondern um die eines Senats handelt. Und ein Urteil mit Mitwirkung von Laienrichtern kann nur unter erschwerten Umständen angefochten werden. Die Würdigung der vorgebrachten Beweise kann mit einer Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof nicht angefochten werden. Diese Beweiswürdigung bleibt dem Ersturteil vorbehalten, Nichtigkeitsbeschwerden, die auf diese Beweiswürdigung abzielen, kann der Oberste Gerichtshof dann ablehnen.
Für wie groß halten Sie die Chance, dass Grasser und Co. vor dem Obersten Gerichtshof erfolgreich sein können?
Es ist wie eine Sterndeuterei. Ich glaube nicht, dass dieses Urteil von der Oberinstanz komplett gehoben wird. Vielleicht, dass man das eine oder andere Detail zu einem neuerlichen reduzierten Rechtsgang verweist oder dass man bei der Strafbemessung noch etwas macht.
Christian Weniger