Vom zögerlichen Vorgehen der Regierung, deren im Februar eingesetzte Arbeitsgruppe zur "ökosozialen Steuerreform" bisher nichts vorgelegt hat, zeigten sich Vertreter von Global 2000, WWF und Verkehrsclub Österreich am Donnerstag enttäuscht. Mit den Einnahmen aus der CO2-Steuer wollen sie u.a. einen 1.000 Euro "Ökobonus" an alle Haushalte zahlen.
Die "Task Force" zur Ökologisierung des Steuersystems haben ÖVP und Grüne schon im Februar eingesetzt. Geleitet wird sie von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), vertreten sind auch Mitarbeiter von Kanzler und Vizekanzler.
Seit der groß zelebrierten Auftaktsitzung war von der Arbeitsgruppe allerdings nichts mehr zu hören, wie auch Johannes Wahlmüller von Global 2000 am Donnerstag kritisierte: "Von dieser Task Force mit dieser Besetzung könnte man sich schon etwas mehr an Ergebnissen in einem halben Jahr erwarten."
Wie die Steuerreform aussehen könnte, haben Vertreter der Umweltorganisationen in einer gemeinsamen Pressekonferenz erläutert. Kern des vom Umwelt-Dachverband "Ökobüro" erstellten Konzepts ist eine bis 2030 schrittweise steigende Steuer auf Kohlendioxid-Emissionen. Bis 2025 soll jede Tonne CO2 150 Euro kosten.
Dies würde laut Michael Schwendinger vom Verkehrsclub zum Beispiel Mehrkosten von 48 Cent pro Liter Benzin bedeuten. Begünstigt würde der Umstieg aus seiner Sicht durch die aktuell niedrigen Treibstoffpreise. Im Vollausbau sollen es 300 Euro pro Tonne CO2 sein.
Anreize für Industrie und Verbraucher
Für Industrie und Verbraucher würde das einen massiven Anreiz zum Umstieg auf klimafreundliche Technologien bedeuten, glauben die Organisationen. Dennoch soll das Modell für die meisten Verbraucher keine Mehrbelastung bringen, wie Schwendinger und Karl Schellmann vom WWF betonten. Denn die Einnahmen aus der CO2-Steuer würden über einen "Ökobonus" von 1.000 Euro jährlich an alle Haushalte verteilt. Außerdem sollen die Lohnnebenkosten sinken und Investitionen in der Industrie gefördert werden, womit die Steuerreform in Summe keine Mehrbelastung bringen soll.
Insgesamt wollen die Organisationen 7 Mrd. Euro "aufkommensneutral" umschichten. Auf der Reformagenda stehen neben dem CO2-Preis auch das Pendlerpauschale, die Normverbrauchsabgabe, eine höhere Mineralölsteuer auf Diesel ("Dieselprivileg"). Dass das Potenzial für eine derartige Umschichtung vorhanden wäre, betonte Daniela Kletzan-Slamanig vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), die auf den insgesamt niedrigen Anteil der Umweltsteuern in Österreich hinwies. Sie machen nur fünf Prozent der Steuereinnahmen aus, während 55 Prozent der Einnahmen aus Steuern auf Arbeit stammen.
Mehr Tempo
Von der Regierung erwarten sich die Umweltorganisationen mehr Tempo: erste Schritte sollen bis Mitte 2021 folgen, der CO2-Preis bis Mitte 2022 folgen. Scharfe Kritik an der "Verschleppung" der ökologischen Steuerreform durch die Regierung kommt auch von Greenpeace. Die Organisation erinnerte daran, dass der erste Teil der Reform eigentlich schon 2021 in Kraft treten sollte. "Bis jetzt wurde allerdings lediglich die Flugticketabgabe gering angepasst. Derzeit lohnt sich Klimaschutz für die Menschen einfach nicht, weil klimaschädliches Verhalten wie Vielfliegen oder SUV-Fahren zu billig und klimafreundliches Verhalten wie Bahnfahren fast immer zu teuer ist," so Greenpeace-Klimaexperte Adam Pawloff.