Die türkis-grüne Regierung will ab 1. Jänner 2022 einen „Frühstarterbonus“ statt der abschlagsfreien Langzeitversichertenregelung („Hacklerpension“) einführen. Menschen, die zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr gearbeitet haben und 25 Versicherungsjahre aufweisen, sollen monatlich einen Fixbetrag von 60 Euro zusätzlich bekommen.
Beschlossen werden soll das nach den bevorstehenden drei Tagen Budgetdebatte am kommenden Freitag, mit den Stimmen von ÖVP und Grünen. Die Opposition kritisiert die „Missachtung des Parlaments“.
SPÖ-Vize-Klubchef Jörg Leichtfried wirft der Regierung vor, den Menschen während der Krise still und heimlich die Pension wegnehmen zu wollen. Er kündigte für heute, Dienstag, einen „Dringlichen Antrag“ im Nationalrat an, mit dem die Hacklerregelung „gerettet“ werden soll. FPÖ-Obmann Norbert Hofer warnt, dass sich die Altersarmut verschlimmern werde. Für die Neos wird „eine schlechte Regelung durch eine andere schlechte Regelung ersetzt“.
Was ist die "Hacklerregelung"?
Die aktuelle Hacklerregelung gilt erst seit 1. Jänner 2020: Seitdem kann man mit 62 Jahren wieder abschlagsfrei in Frühpension gehen, sofern man 45 echte Versicherungsjahre aufzuweisen hat – Schwerarbeiter ab 60 Jahre.
Was spricht dafür?
Die Gewerkschaft sagt dazu: „45 Jahre sind genug.“ Wer sein Leben lang gearbeitet habe, solle seinen Ruhestand etwas früher als andere und ohne Abschläge genießen können. Die Abschaffung mitten in der Coronakrise könnte ältere Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit treiben. Die Kosten für Arbeitslosigkeit seien höher als die Kosten für die Alterspension. Die Möglichkeit des früheren Pensionsantritts schaffe Jobs für Jüngere.
Was spricht dagegen?
Es waren bisher nur Männer, die bisher die nötige Zahl der Versicherungsmonate (45 Jahre) zusammenbrachten. Die Grünen nennen Zahlen: Im 1. Halbjahr 2020 nahmen 7256 Männer und nur eine einzige Frau die abschlagsfreie Langzeitversicherung in Anspruch. Frauen kämen erst mit der Anhebung des Pensionsalters zum Zug: ab dem Jahr 2024 schrittweise bis zum Jahr 2033 auf 65 Jahre.
Was bringt der Frühstarter-Bonus?
Profitieren sollen vom 60-Euro-Bonus vor allem auch die Frauen. Insgesamt hätten viermal so viele Leute Anspruch auf diesen Fixbetrag als auf die Hacklerregelung, argumentieren die Grünen. Gestärkt würden vor allem untere und mittlere Pensionen. Pro Jahr ergebe sich ein Mehrbetrag von 840 Euro, das entspreche bei einer durchschnittlichen Frauenpension einer 15. Pensionszahlung.
- Die durchschnittliche Frauenpension habe 2019 1.035 Euro betragen,
- die Pension von (männlichen) Langzeitversicherten 2019 (noch mit Abschlägen) das 2,3-Fache.
- Sie durchschnittliche Pension der Männer sei durch den Wegfall der Abschläge 2020 noch einmal von 2.425 auf 2.845 Euro pro Monat gestiegen.
Warum ist die Opposition dagegen?
Ein schwacher Trost seien die 60 Euro für Menschen, die durch die Abschläge ein Vielfaches verlieren, sagt die FPÖ. Die Altersarmut werde schlimmer. Frauen könnten in spätestens acht Jahren, wenn das Pensionsalter angeglichen wurde, ebenfalls die abschlagsfreie Hacklerpension in Anspruch nehmen, und für die Jahrgänge 1960 von 1965 gebe es auch eine Übergangsregelung, sagt die SPÖ.
Claudia Gigler