Die Hoffnungen von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und der Regierung, die Eurofighter auf juristischem Weg loszuwerden, haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Das Oberlandesgericht Wien hat die Beschwerden der WKStA und der Republik gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Betrugs bei der Beschaffung der Eurofighter im Jahr 2003 und beim sogenannten Vergleich im Jahr 2007 durch das Landesgericht für Strafsachen zurückgewiesen.
Damit sind alle strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter in Österreich beendet, das teilte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, Mittwochabend mit.
Gleichzeitig ist damit der Weg frei für Neuordnung und Beschaffung der Luftraumüberwachung. Denn bis zur endgültigen Entscheidung der Justiz wurden keine Entscheidungen in Bezug auf die Luftraumüberwachung getroffen, die die Position Österreichs gegenüber Eurofighter verschlechtern hätten können.
Luftraumüberwachung offen
Mit Unverständnis reagiert Tanner (ÖVP) auf die Entscheidung des Wiener Oberlandesgerichts. Sie habe nun die Finanzprokuratur beauftragt, "alle etwaigen verbleibenden rechtlichen Mittel" zu analysieren. Wie es mit der Luftüberwachung konkret weitergeht, bleibt offen.
Denn die Saab 105-Trainingsflieger gehen 2021 in Pension. Eine Nachfolge für diese ist bisher nicht vorgesehen. Stand jetzt würden ab kommendem Jahr nur noch die 15 Eurofighter für die Luftraumüberwachung per Flieger verfügbar sein.
Kommentar
Tanner schreibt in einer Aussendung, dass sie die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen könne: "In einem Rechtsstaat ist dies jedoch zu akzeptieren." Klar sei, dass dadurch vieles im Dunklen bleiben werde und mögliche Straftaten nicht aufgeklärt würden.
Nicht ausreichend ermittelt
Die Einstellung erfolgte mit der Begründung, dass von den österreichischen Anklagebehörden im bisherigen dreieinhalbjährigen Ermittlungsverfahren der begründete Verdacht des Betrugs an der Republik Österreich nicht durch ausreichende eigene Ermittlungsergebnisse soweit dargestellt werden konnte, dass eine Fortsetzung der strafbehördlichen Ermittlungen gerechtfertigt wäre.
Der Präsident der Finanzprokuratur, der das Verfahren für die Republik geleitet hat, zeigte für die Einstellung der Ermittlungen kein Verständnis. Diese lasse sich "nicht mit den Entscheidungen der deutschen und US-amerikanischen Strafbehörden und dem Bericht des Verfahrensrichters im 2019 beendeten Eurofighter-Untersuchungsausschuss in Einklang bringen". Aber "Gerichtsentscheidungen schaffen Tatsachen, die zu akzeptieren sind", so Peschorn.
In seinem Endbericht stellte Verfahrensrichter Ronald Rohrer unter anderem unmissverständlich fest,
- dass Gelder zu unlauteren Zwecken aus dem Airbus-Konzern ausgeschleust wurden
- auch akzeptierte Airbus für ihr Fehlverhalten ein gegen den Konzern von der Staatsanwaltschaft München verhängtes Bußgeld in Höhe von 81,25 Millionen Euro und
- gestand gegenüber den US-amerikanischen Behörden ein, einen Teilbetrag des von der Republik Österreich für die Eurofighter bezahlten Kaufpreises, nämlich 55,1 Millionen Euro, für „politische Zuwendungen“ verwendet zu haben.
Peschorn: "Unsere entschiedene Haltung bei der Aufarbeitung des begründeten Betrugsverdachts war im Hinblick auf unsere Ermittlungsergebnisse, die von ausländischen Strafbehörden und dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss bestätigt wurden, sowie im Interesse der Steuerzahlerinnen gerechtfertigt." Es liege auf der Hand, an wen die Gelder geflossen seien, man sei diesen Personen "sehr nahe gekommen". Dass die Zahlungen nicht endgültig aufgeklärt werden konnten, sei daher "besonders bitter für die Steuerzahler", sagte der Präsident der Finanzprokuratur im Ö1-Morgenjournal.
Er habe am Mittwoch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner über die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien unterrichtet. Die Finanzprokuratur wurde von der Ministerin beauftragt, gemeinsam mit den Experten des Ressorts die Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien ergeben, umfassend zu analysieren.
Doskozil "nicht überrascht"
Der ehemalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat sich am Donnerstag "nicht überrascht" über die Einstellung des Eurofighter-Verfahrens durch das Wiener Oberlandesgericht gezeigt. Ebenso wenig überrasche ihn, "dass diese Entscheidung mitten in einer Pandemie, in den Nachwehen eines großen Terroranschlags, gleichsam durch die Hintertür erfolgt", betonte der burgenländische Landeshauptmann. Der Schritt sei jedenfalls bedauerlich.
Nach der erstinstanzlichen Zurückweisung der Anzeige sei die Einstellung vorherzusehen gewesen. Seine Entscheidung, im Jahr 2017 als Verteidigungsminister auf Grundlage intensiver Recherchen einer unabhängigen Task-Force eine Sachverhaltsdarstellung einzubringen, sei durch die Entwicklungen in den USA und in Deutschland inhaltlich bestätigt worden, so Doskozil.
Die deutsche Justiz und Finanz habe Airbus in der Causa Eurofighter im Jahr 2019 eine Bußgeldzahlung von fast 100 Millionen Euro auferlegt und inzwischen frühere Airbus-Manager wegen Untreue verurteilt. In den USA habe sich Airbus von einer weiteren Verfolgung freigekauft. "Es ist bedauerlich, dass nun gerade in Österreich der Steuerzahler leer ausgehen muss", betonte Doskozil.
Grüne für Verkauf
Die Grünen wollen nach dem Scheitern der Klage gegen Airbus prüfen, ob man die Eurofighter verkaufen kann. Konkret empfiehlt Wehrsprecher David Stögmüller in einer Aussendung zu schauen, ob eine Veräußerung realistisch sei. Es sei wichtig, rasch eine breite Diskussion zu führen, um einen transparenten Prozess über die zukünftige Lauftraumüberwachung zu gewährleisten. Die Einstellung des Verfahrens nannte er unbefriedigend.
Die Chancen, dass Österreich die 183 Millionen Euro Steuergeld, die vor allem ÖVP-nahe Lobbyisten für nicht existente "Vermittlungsleistungen" eingestreift hätten, jemals wieder zurückbekommt, seien geschwunden, sagte NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard, der im Eurofighter-U-Ausschuss den Fraktionsvorsitz führte.