Frau Ministerin Raab, Sie haben am Samstag zwei Moscheen geschlossen, eine hilflose Maßnahme? Es geht um die Menschen, nicht um die Räume. Was folgt noch?
Susanne Raab: Wichtig ist, dass wir umgehend gehandelt haben, als wir wussten, dass in dieser Mosche und diesem Verein die Radikalisierung des Täters begünstigt wurde. Für mich als Kultusministerin war klar, dass die gesetzlichen Bestimmungen für eine Moschee in dem einen Fall nicht mehr gegeben sind, weil es keine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft gab, was die Grundvoraussetzung nach dem Religionsrecht ist.

Die Leute werden sich woanders treffen.
Raab: Es ist wichtig zu zeigen, dass radikale Moscheen in Österreich keinen Platz haben und dass wir hier ganz konsequent vorgehen.

Betrifft das auch die Prediger, die das Gedankengut verbreiten?
Raab: Ja, selbstverständlich, aber ich bitte um Verständnis, dass ich die Beobachtungen des Innenministeriums nicht offenlegen kann. Die Prüfung ist aber nicht einfach, weil es nicht immer um strafrechtliche Sachverhalte geht.

Sondern?
Raab: Es wird teilweise eine antiwestliche, frauenfeindliche Ideologie gepredigt, eine Ideologie, die sich gegen andere Religionen richtet, also Nährboden für Gewalt ist. Man muss sich auch den Einfluss aus dem Ausland ansehen. All das kann dazu führen, dass ein schwerer Eingriff wie die Schließung von Moscheen und Vereinen gerechtfertigt ist.

Haben Sie einen Überblick über Moscheen, wo solches Gedankengut verbreitet wird?
Raab: Das Innenministerium und der Verfassungsschutz ermitteln laufend. Sollte sich mehr ergeben, wird man einschreiten. Mir ist extrem wichtig, dass das kein Angriff auf die gesamte Religion ist, dass nicht alle Moscheen in Österreich radikales Gedankengut verbreiten. Es geht nicht gegen die Religion, sondern es ist eine Offensive gegen den Extremismus. Da brauchen wir auch die Unterstützung der Islamischen Glaubensgemeinschaft.

Haben Sie die?
Raab: Ja. Ich habe am Freitag mit deren Präsident gesprochen, da wurde auch die Schließung der Moschee angeordnet. Klar ist, dass wir hier in Zukunft einen noch härteren Weg einschlagen.

Hilft die Arbeit von Deradikalisierungsvereinen, helfen Wertekurse gegen Radikalismus überhaupt?
Raab: Wichtig ist, dass wir klar kommunizieren, was in Österreich geht und was wir nicht tolerieren.

Was tun?
Raab: Wenn man sich Radikalisierungsbiografien ansieht, dann sind die höchst unterschiedlich. Daher braucht man auch unterschiedliche Strategien, um gegen Radikalisierung vorzugehen. Radikalisierung hat immer auch etwas mit Identitätssuche zu tun, mit persönlicher Zerrissenheit, mit der eigenen Psyche.

Was kann eine Integrationsministerin dazu tun?
Raab: Die Dokumentationsstelle Politischer Islam wird dorthin sehen, wo eine gefährliche Ideologie verbreitet wird, die den Nährboden bildet für Gewalt.

Und wenn wir es wissen, was muss dann geschehen?
Raab: Dann werden wir mit aller Härte gegenwirken. Zugleich müssen die Jugendlichen erkennen, dass sie in Österreich eine Heimat haben, dass sie einen Weg machen können, Chancen haben, damit es eine emotionale Zugehörigkeit gibt und sie sich nicht abwenden von unseren Werten.

Wie?
Raab: Wenn wir in den Schulen gelungene Beispiele der Integration vor den Vorhang holen, dann sehen die Jugendlichen: So kann es bei mir auch sein, es geht doch. Ich habe in meiner zehnjährigen Integrationsarbeit gesehen, dass das der beste Zugang ist. Jetzt, nach dem Terrorakt, sieht man, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen, sondern dass es Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gibt, die hier sofort geholfen haben, die unter Einsatz ihres Lebens anderen beigesprungen sind ...

... und gestorben sind.
Raab: Richtig. Es zeigt sich, dass dieser Anschlag ein Anschlag auf uns alle war, unabhängig von der Herkunft und der Religionszugehörigkeit. Er hat uns allen, die wir friedlich in Österreich leben, gegolten.