Die FPÖ erstattet aufgrund der Ermittlungspannen im Vorfeld des Terroranschlags in Wien Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Gerichtet ist sie gegen unbekannte Täter innerhalb der Ermittlungsbehörden. Die SPÖ wiederum fordert rechtliche Verschärfungen beim Staatsbürgerschaftsrecht. So soll es möglich werden, dass einem Täter die Staatsbürgerschaft aberkannt wird.

Munitionskauf in der Slowakei

In der der APA vorliegenden Anzeige wird darauf verwiesen, dass die österreichischen Behörden schon am 23. Juli 2020 über den versuchten Munitionskauf in Kenntnis gesetzt wurden - ein Umstand, der aus einem schon am Mittwoch bekannt gewordenen Schreiben der slowakischen nationalen Kriminalagentur hervorgeht. Am 10. September informierte laut diesem Schriftstück dann die österreichische Verbindungsstelle von Europol die slowakischen Behörden darüber, dass einer der beiden gescheiterten Munitions-Käufer der österreichischen Polizei bereits damals in Zusammenhang mit Terrorismus bekannt gewesen ist. Auch wurde darauf verwiesen, dass der Betroffene (der spätere Wien-Attentäter) im Jahr 2019 in einem Terror-Prozess als IS-Sympathisant zu 22 Monaten Haft verurteilt worden war.

In der von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebrachten Anzeige wird auch erwähnt, dass laut einem Bericht des Nachrichtenportals zackzack.at diese Informationen an die Abteilungen "Nachrichtendienst" sowie "Terrorismus und Extremismus" im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ergangen sein sollen. Auch das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT Wien) sei informiert worden.

"Somit steht fest, dass die österreichischen Behörden im Juli 2020 in Kenntnis des Vorfalls waren", heißt es in der Anzeige. Und sie hätten damit auch gewusst, "dass ein bereits wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilter und auf Bewährung vorzeitig aus der Haft entlassener islamistischer Gefährder" den Versuch unternommen habe, an Munition für Kriegsmaterial zu kommen. Dies lasse den Schluss zu, dass der Betroffene auch Inhaber einer verbotenen Waffe und unter Umständen mehrerer verbotener Waffen gewesen ist.

Attentäter wäre verhaftet worden

Es sei jedoch kein Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft erstattet worden, schreibt die FPÖ in ihrer Anzeige. Auch sei das Gericht, welches die Bewährungsauflagen des bedingt entlassenen Mannes (im Dezember 2019 statt im Juli 2020) überprüft, nicht über den Verdacht des Munitionskaufs informiert worden. "Führende Justizvertreter" würden bestätigen, dass davon auszugehen sei, dass der spätere Attentäter in Haft genommen worden wäre, hätte die Justiz Kenntnis über den versuchten Munitionskauf erlangt. Denn bei einem Gefährder hätte diese Aktion für den Anfangsverdacht gereicht, dass neuerlich strafbare Handlungen in Planung sind.

Es liege daher der begründete Verdacht vor, dass die Behörden durch das "wissentliche Unterlassen sämtlicher Ermittlungsschritte" bzw. das "wissentliche Unterlassen ihrer Anzeige- und Berichtspflicht an die Justizbehörden" vorsätzlich "ihre Befugnis als Organ wissentlich missbraucht haben", heißt es in der Anzeige.

Anschlag "hätte verhindert werden müssen"

Für FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl ist deshalb "vollkommen klar, dass der furchtbare islamistische Anschlag nicht nur verhindert hätte werden können, sondern sogar verhindert hätte werden müssen", wie er in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA sagte. "Dieses Versagen, das im Übrigen vermutlich den Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllt, war die Bedingung dafür, dass der Attentäter am 2. November auf freiem Fuß war. Hätte man diese Anzeige nicht verabsäumt, wäre der spätere Attentäter aus dem Verkehr gezogen worden, noch bevor er eine Blutspur durch die Wiener Innenstadt ziehen hätte können."

Rücktrittsaufforderung

"ÖVP-Innenminister Nehammer trägt die politische Verantwortung und muss zurücktreten", wiederholte Kickl seinen Ruf nach einem Abgang des Ressortchefs. Der FPÖ-Klubobmann betonte auch, den Beamten im BVT hätte klar sein müssen, dass diese Tat zur "sofortigen Aufhebung der bedingten Haftentlassung" führen würde - und hätten dies daher dem Gericht melden müssen. Und sie hätten den späteren Terroristen auch ohne Einschaltung der Justiz "wegen Gefahr im Verzug sogar sofort festnehmen können und müssen".