Was kaum jemand für möglich gehalten hat, niemand gewünscht hat, wird bittere Realität: Österreich steuert nach dem langen Wochenende auf einen neuerlichen, womöglich mehrwöchigen Lockdown zu. Der besorgniserregende, explosionsartige Anstieg der Neuinfektionen hat der Regierung vor Augen geführt, dass die weitverbreitete Hoffnung, Österreich könnte dem europaweiten Trend trotzen und ein neuerliches Herunterfahren des Landes umgehen, nicht aufgeht.

Was uns im November im Detail bevorsteht, ist noch Gegenstand von Verhandlungen innerhalb der Koalition, aber auch mit den Sozialpartnern, den Landeshauptleuten und der Opposition. Heute treffen Kanzler, Vizekanzler, Gesundheits- und Innenminister die Vertreter der Wirtschaft und der Gewerkschaft, nach einer Videokonferenz mit den neun Landeshauptleuten und einer Unterredung mit den Oppositionschefs sollen am Samstag in den frühen Abendstunden, also zu Halloween, die Eckpunkte des neuen Lockdowns verkündet werden. Am Montag tritt der Hauptausschuss des Parlaments, in dem die Koalition die Mehrheit hat, zusammen, um, wie vom Gesetz vorgesehen, die Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte abzusegnen, ab Dienstag dürften die Beschränkungen in Kraft treten.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer drängt die Regierung jedenfalls zur Eile. "Österreich ist spät dran, wir sollten rasch handeln", sagte Schützenhöfer der Kleinen Zeitung. Schon am Donnerstag hatte sich die steirische Regierungsspitze für strenge und bundesweite Maßnahmen statt Alleingänge der Bundesländer stark gemacht.

Worauf man sich wohl im November einstellen muss.

Ausgangsbeschränkungen

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Koalition Ausgangsbeschränkungen verhängen. Im Unterschied zum ersten Lockdown wären die Maßnahmen diesmal rechtlich gedeckt. Nach der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof hat die Regierung das Covid-Gesetz repariert. Nun ist vorgesehen, dass der Gesundheitsminister per Verordnung das Verlassen der eigenen vier Wände unterbinden kann, allerdings mit fünf konkreten Ausnahmen: um im Supermarkt einkaufen zu gehen, um pflegebedürftigen Personen zu helfen, um zur Arbeit zu gehen, um Sport zu betreiben sowie zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum.

Supermärkte

Vor dem ersten Lockdown wurden viele Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte gestürmt, weil das Gerücht die Runde gemacht hatte, alles würde geschlossen werden. Wie so oft war an dem Gerücht nichts dran. Noch ist nicht ganz klar, wie hart der November-Lockdown sein wird, welche Geschäfte tatsächlich geschlossen werden. In jedem Fall bleiben Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte, Apotheken offen.

Heimarbeit

Wie beim ersten Lockdown wird die Regierung den Arbeitgebern dringend empfehlen, Arbeitnehmer sofern möglich in Homeoffice zu schicken. Zweierlei soll damit bezweckt werden: Zum einen sollen die öffentlichen Verkehrsmittel in den Morgen- und den Abendstunden im Sinne der Pandemiebekämpfung so leer wie möglich unterwegs sein, zum anderen sollen Zusammenkünfte am Arbeitsplatz unterbunden werden. Eine gesetzliche Verpflichtung hat es wegen der großen branchenspezifischen Unterschiede nie gegeben.

Schule

Dass beim ersten Lockdown in ganz Europa die Schulen geschlossen worden sind, wurde nachträglich von der überwiegenden Mehrheit der Virologen und Epidemiologen als unsinnig eingestuft. Fast alle europäischen Länder, die bereits einen Lockdown verkündet haben, sind deshalb von der Idee abgerückt, auch diesmal die Schulen zuzusperren. Offenbar ist in Österreich in der Frage das letzte Wort noch nicht gesprochen. Dem Vernehmen nach präferiert der Kanzler eine radikalere Lösung, während der grüne Koalitionspartner, der Bildungsminister, aber auch alle Landeshauptleute auf ein Offenhalten der Schulen pochen. Der Kompromiss könnte sein, dass zumindest die Oberstufen in Homeschooling geschickt werden.

Ausgangssperren 

Um private Treffen oder Feiern bei Verwandten, Freunden, Bekannten, nach Sportevents oder andernorts zu unterbinden, haben zahllose europäische Länder in den letzten Tagen Ausgangssperren verhängt. In Paris etwa darf man ab 21 Uhr nicht mehr auf die Straße. In Koalitionskreisen wird diese Option zumindest geprüft, auf diesem Weg hätte man die Debatte über etwaige Polizeikontrollen in Wohnungen vom Tisch.

Gastronomie

In Regierungskreisen vernimmt man, dass sich die Koalition beim November-Lockdown an Deutschland orientiert. Anders als im Frühjahr müssen in Deutschland Restaurants und Gasthäuser diesmal nicht schließen, allerdings darf niemand die Räumlichkeiten betreten. Somit müssen die Gastronomen auf Take-away umstellen.

Hotels

Was mit Hotels passiert, ist völlig offen. Wenn das erklärte Ziel des Lockdowns ist, das Land neuerlich herunterzufahren und die Mobilität zu drosseln, müssten Hotels geschlossen werden. In Deutschland dürfen sie offen bleiben, allerdings nicht für den Tourismus.

Kultur und Sport

Sollte die Regierung dem Beispiel anderer EU-Länder folgen, dürften Kultur- und Sportstätten weitgehend geschlossen werden. Das könnte auch Fitnessstudios betreffen.

Friseure

Im Unterschied zum ersten Lockdown können in Deutschland die Menschen weiterhin zum Friseur. Möglicherweise bleiben auch in Österreich die Friseure offen. Geschlossen werden Kosmetik-, Pedikür- und Manikürläden.

Baumärkte und Geschäfte

In Deutschland müssen normale Geschäfte nach Allerheiligen nicht ihre Pforten schließen, allerdings gelten schärfere Zugangsbeschränkungen. Dass Österreich den deutschen Weg geht, ist wahrscheinlich, aber nicht sicher.

Grenzkontrollen

Das ist wohl der größte Unterschied zum Frühjahrs-Lockdown. Diesmal gehen die Grenzbalken nicht automatisch runter. Beim Grenzübertritt muss man allerdings in vielen Ländern einen Test vorweisen.