Es war ein kleiner Lapsus, der Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Verkündung der neuen Sechserregel – Treffen drinnen bis maximal sechs Personen – am Montag unterlaufen war: Die Regel gelte zwar auch dort, werde aber weder kontrolliert noch Überschreitungen gestraft.
Auch wenn die Verordnung, die diese neuen Maßnahmen ausführt, erst heute veröffentlicht werden soll, steht schon jetzt fest: Selbst wenn die Regierung das wollte, könnte sie gar nicht so weitgehende Eingriffe anordnen. Denn im Covid-Maßnahmengesetz ist der „private Wohnbereich“ eindeutig von jenen Bereichen ausgenommen, für die Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Betretungsverbote bzw. -Auflagen anordnen kann.
Wie dieser „private Wohnbereich“ definiert wird, ist dabei noch nicht ganz klar. Dass Wohnungen und -zimmer selbst erfasst sind, ist eindeutig, aber ob beispielsweise eine Halloween-Party in der Garage von der Sechserregel umfasst wäre, lässt sich erst mit dem Verordnungstext sagen – in Salzburg, wo eine ähnliche Verordnung schon lokal gilt, zählen etwa Keller und Garagen nicht zum „privaten Wohnbereich“.
Die Folge: gegen manche „Corona-Partys“ in Privaträumen werden Polizei und Gesundheitsbehörden auch weiterhin keine Handhabe haben – weder können sie sie unterbinden noch in Häuser eindringen, um etwaige Verstöße festzustellen.
Das liegt daran, dass das Hausrecht als eines von rund 60 Grundrechten in Österreichs Verfassung hohen Schutz genießt, erklärt Konrad Lachmayer, Professor für öffentliches Recht an der Sigmund-Freud-Privatuniversität. Besonders geschützt ist es etwa in einem der ältesten noch gültigen österreichischen Rechtstexte, dem „Gesetz vom 27. Oktober 1862, zum Schutze des Hausrechtes“.
Dort heißt es, „Eine Hausdurchsuchung, das ist die Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten, darf in der Regel nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehles unternommen werden“.
Durch diesen verfassungsrechtlichen Schutz ergebe sich, so Lachmayer, dass auch ein eventuelles Recht der Polizei, in Privathaushalten zu kontrollieren, erst einen richterlichen Befehl benötigen würde.
Anders gelagert als diese Frage der Kontrolle ist die Frage, ob der Staat es verbieten kann, in seinem eigenen Haushalt etwas Bestimmtes zu tun – zum Beispiel eine Party mit mehr als sechs Teilnehmern zu feiern.
Wie viele Grundrechte gilt das Hausrecht nicht absolut: Beschließt das Parlament eine (einfach-)gesetzliche Grundlage. Kann auch im Privathaushalt ein Verbot gelten.
Solche Eingriffe – sowohl das Verbot als auch eine Ermächtigung zur Durchsuchung durch die Polizei – müssten aber jedenfalls dem Anspruch der Verhältnismäßigkeit genügen, sagt Lachmayer – sonst drohe eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof.
Die Politik beschwichtigt jedenfalls. Anschober und ÖVP-Klubobmann August Wöginger bekräftigen, im nicht-öffentlichen Raum keine Corona-Nachschau halten zu wollen. „Wir haben kein Interesse daran, im Privatbereich irgendwelche Kontrollen durchzuführen“, so Anschober. „Die wird es nicht geben, gleichgültig, ob es rechtlich möglich wäre.“
Georg Renner