Der Ibiza-Untersuchungsausschuss hat sich am Dienstag zu Beginn um einen "Großonkel" und eine anonyme Anzeige gedreht. Dass Verwandtschaftsverhältnisse im Fokus standen, lag daran, dass mit Tina Liebich-Oswald die Nichte zweiten Grades von Novmatic-Gründer Johann Graf und Ehefrau von Novomatic-Aufsichtsratschef Bernd Oswald geladen war. Zudem arbeitete sie in den Kabinetten der ehemaligen Innenminister Wolfgang Sobotka und Karl Nehammer (beide ÖVP).
So war es auch das Bestreben der Oppositionsparteien, die Verquickungen zwischen der Glücksspielbranche und der ÖVP aufzuzeigen, wie die Abgeordneten vor der Befragung in unterschiedlicher Tonalität festhielten. Die Grünen wollen etwa der Frage nachgehen, wer wen beeinflusst habe: Die Novomatic die Politik, oder umgekehrt. Jedenfalls sei ein "massiver Einfluss" der Glücksspielbranche auf die Politik festzustellen, meinte etwa Grünen-Abgeordneter David Stögmüller. Für SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer sei Liebich-Oswald ein "gutes Symbol" für die Verquickung von ÖVP und Novomatic. Auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker bezeichnete sie als interessante Persönlichkeit im "ÖVP-Universum".
"Symbol für Verquickung"
"Ich mache kein Geheimnis aus meiner Verwandtschaft, erwähne es aber auch nicht ständig", erklärte Liebich-Oswald in ihrer Befragung. Sowohl Nehammer als auch Sobotka hätte sie im Laufe ihrer Tätigkeit davon erzählt. Bei Sobotka sei es im Vorfeld eines Betriebsbesuches von Novomatic "im Rahmen des NÖAAB-Wahlkampfes" gewesen. Wie sich das Verhältnis zu ihrem Großonkel genau gestalte, wollte sie mit dem Verweis auf das laufende Finanzstrafverfahren nicht sagen. Gegen sie wird ermittelt, weil sie von Graf privat großzügige Geldgeschenke erhalten hat. Der von ihr als "Großonkel" titulierte Graf sei der Cousin ihres Vaters, wie sie auf eine entsprechende Frage von SPÖ-Abgeordnetem Christoph Matznetter präzisierte.
Sie habe auch einmal für Novomatic gearbeitet, und zwar in der Rechtsabteilung der Tochtergesellschaft Novomatic Gaming. Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann kenne sie aber nur flüchtig. Wahrnehmungen über Spenden an Parteien oder Vorfeldorganisation habe sei keine. Auch keine Kenntnis von etwaigen Angeboten des Glücksspielkonzern, wie sie betonte.
Die gesamte Befragung war von gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Liebich-Oswald kritisierte die Abgeordneten für ihrer Meinung nach untergriffige Fragestellungen. Zudem wollte sie wiederholt Fragen mit dem Verweis auf ihre Privatsphäre nicht beantworten. Das wiederum sah NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper als Bestätigung für die Verquickung. Denn offenbar seien die Beziehungen so eng, dass man sich auf die Privatheit berufen kann.
Anonyme Anzeigen gegen rot, grün & Neos
Zuvor hatte eine von ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl aufs Tapet gebrachte anonyme Anzeige für Aufsehen gesorgt, die ihm zugespielt worden sei. Darin wird u.a. den Fraktionsführern, Tomaselli (Grüne), Krainer (SPÖ) und Krisper (NEOS), vorgeworfen, dass sie versucht hätten, die Aussage von Ex-Novomatic-Geschäftspartner Peter Barthold im Vorfeld zu beeinflussen. Gerstl zufolge bestehe der Verdacht, dass es am 30. Juli zu einem Treffen mit Barthold im grünen Klub gekommen sei. Dieses sei von Krainer und Krisper "initiiert" worden. Dabei sei es darum gegangen, die Aussage "derart zu gestalten", dass sie zum Nachteil der Novomatic gereiche, so Gerstl: "Das stellt einen neuerlichen Tiefpunkt dar."
Ein "billiges Ablenkungsmanöver" ortete Krisper darin. Sie sei am 30. Juli nachweislich bei einer Lesung von Sven-Eric Bechtolf gewesen. Auch Grünen-Fraktionsführerin Tomaselli bezeichnete die Vorwürfe als "Schwachsinn". Krainer zeigte sich über die Vorwürfe belustigt. An dem Tag, an dem der geheime Termin gewesen sein soll, sei er auf der Rax gewesen.
"Keine gute Optik"
Krisper hatte sich ihrerseits zuvor auf Sobotka eingeschossen. Dass dieser am heutigen Befragungstag den Vorsitz nicht führe, wertete sie als Beleg dafür, dass er "selbst sieht, dass es keine gute Optik macht, wenn seine ehemalige Mitarbeiterin und Großnichte von Graf aussagt". Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stand bei Krisper wegen der zuletzt publik gewordenen Chats und SMS von ÖBAG-Chef Thomas Schmid in der Kritik. Kurz müsse eine Reihe von Fragen beantworten, ob es stimme, dass er sich ausgesucht habe, wer in Aufsichtsräte staatsnaher Unternehmen komme. Krisper stellte abermals eine neuerliche Ladung Kurz' in den Raum.
Nach der Befragung von Liebich-Oswald, die knapp vier Stunden andauerte, war ein leitender Beamter des Finanzministeriums geladen. Dieser erklärte, dass die Fachabteilung nie erfuhr, warum die in Begutachtung geschickte Glücksspielnovelle, unter anderem zum IP-Blocking, zurückgezogen wurde. Er habe von der Rechtsabteilung der Casinos Austria vom Rückzug erfahren. So etwas habe in seiner 35-jährigen Berufslaufbahn noch nicht erlebt. "Es ist im Haus weder mitgeteilt worden, dass es zurückgezogen wurde, noch wer das veranlasst hat und es wurde auch kein Grund genannt", so der Glücksspielexperte im Finanzministerium.
Als dritter sollte am Dienstag der Vorstandsvorsitzende der PremiQuaMed und Obmann im zuständigen Fachverband der Wirtschaftskammer, Julian Hadschieff, befragt werden. Ob sich das angesichts der fortgeschritten Zeit ausgehen wird, war vorerst unklar.