"Das gilt überall", hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Ankündigung der neuen Corona-Verschärfungen am Montagvormittag erklärt. Gemeint war die größte Neuerung der Corona-Regeln, die ab Freitag in Kraft treten soll: die Beschränkung von Veranstaltungen und privaten Zusammenkünften in Innenräumen auf maximal sechs Personen (bzw. zwölf Personen im Freien). "Das betrifft das Restaurant genauso wie den Yoga-Kurs", so Kurz. Ausgenommen sind nur Veranstaltungen in beruflicher Ausübung und Begräbnisse.
Erst auf Nachfrage korrigierte sich Kurz: Bei Zusammenkünften in Privatwohnungen werde die Polizei weder Nachschau halten noch Strafen nach dem Covid-Gesetz verhängen. Das entspricht auch dem rechtlichen Rahmen, den ÖVP, Grüne und SPÖ Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) vor Kurzem in der Novelle des Covid-Maßnahmengesetzes festgelegt haben. Darin steht bekanntlich, dass Anschober das Betreten des öffentlichen Raumes oder bestimmter Orte untersagen oder an Auflagen knüpfen kann - wie etwa eine Höchstzahl an Personen, Maskenregeln und so weiter.
Als "bestimmte Orte", die Anschober einschränken darf, gelten aber dem Gesetz nach nur öffentliche oder private Orte "mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs". Sprich: dessen Betreten darf die Regierung nicht einschränken.
Kommentar
Damit ist die Lage vergleichbar mit jener vor dem "Oster-Erlass" des Gesundheitsministeriums, der der Polizei eine Handhabe gegen private "Corona-Partys" geben sollte - was schon damals mangels gesetzlicher Grundlage undurchführbar war. Wenn also, sagen wir, ein Rapper entscheidet, in einer zum Bersten gefüllten Privatwohnung entgegen aller Empfehlungen ein kleines Hauskonzert zu geben, dann kann die Exekutive dagegen nur über Umwege vorgehen - etwa indem sie Strafen wegen Lärmbelästigung austeilt.
Das gesteht auch Kurz ein. Er verweist aber darauf, dass derart unverantwortliches Verhalten zu mehr Infektionen führen würde - und das wiederum die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Lockdowns steigere.
Was genau dieser "private Wohnbereich" ist, der von der neuen Regelung ausgenommen ist, darüber schweigt sich das Gesetz aus - mutmaßlich wird das in der Verordnung Anschobers im Detail geregelt, die für Mittwoch angekündigt ist. Zur Orientierung: In einer Salzburger Landesverordnung auf derselben Basis ist festgelegt: "Zum Wohnen ungeeignete Keller, Garagen, Scheunen, Werkstätten, Ställe udgl. gelten jedenfalls nicht als privater Wohnbereich." Eine "Halloween"-Party in der Garage fiele dieser Definition nach unter die Sechs-Personen-Regel - ein Spieleabend im Wohnzimmer nicht.
Tatsächlich könnte der Staat wohl auch in das private Hausrecht eingreifen, um die Ausbreitung des Virus zu unterbinden. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber in seinen Corona-Erkenntnissen im Juni weiten Spielraum eingeräumt. Derzeit sieht das Covid-Maßnahmengesetz einen solchen Eingriff aber nicht vor.
Georg Renner