Nach Kritik der Ischgl-Kommission an der Kommunikation von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat dieser am Dienstag betont, dass immer alle Entscheidungen zwischen den Gesundheitsbehörden und der Bundesregierung abgestimmt gewesen seien. Und "natürlich haben wir als Bundesregierung die Verantwortung gehabt, diese Entscheidungen transparent zu kommunizieren", sagte Kurz am Dienstag in einer Pressekonferenz in Linz.
Im vergangenen halben Jahr habe "in Summe eine Ausnahmesituation" geherrscht - "für alle, für die Gemeinden, die Länder, die Bundesregierung", so Kurz. Es hätten schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen, das habe "im Großen und Ganzen gut funktioniert". Entscheidungen "waren immer abgestimmt zwischen den Gesundheitsbehörden und der Regierung aber auch mit den Bundesländern und so war es auch mit den Entscheidungen in Tirol".
"Fehleinschätzungen"
Die Kommission hatte am Montag "Fehleinschätzungen" der Tiroler Behörden konstatiert, aber auch die Kommunikation des Bundes kritisiert. Sie ließ kein gutes Haar an der Vorgehensweise von Kurz, der am 13. März um 14.00 Uhr eine Pressekonferenz hielt, in der er verkündete, dass das Paznauntal und St. Anton am Arlberg unter Quarantäne gestellt werden. Dies sei "überraschend, ohne unmittelbare Zuständigkeit und ohne substanzielle Vorbereitung" geschehen, so die Kritik.
Tiroler Opposition mit harter Kritik
Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) erklärt im Bericht der Kommission, dass "viele Dinge gut gelaufen sind" und es keine personellen Konsequenzen geben werde. Doch selbst Koalitionspartnerin Gebi Mair (Grüne) gesteht ein,"dass viele Organe zu Beginn mit dieser einmaligen Situation überfordert waren."
Harte Kritik kommt, wie der ORF berichtet, von der Opposition: Tiroler FPÖ-Chef Markus Abzwerger bezeichnete den bericht als "Politbombe" und hält Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber und den Öffentlichkeitschef des Landes Florian Kurzthaler für "rücktrittsreif". Tirols SPÖ-Vorsitzender Georg Dornauer fordert einen Sonderlandtag und, dass "kein Stein auf dem anderen bleiben" dürfe.
Dringliche Anfrage der Neos
Auch die Neos schließen sich der Kritik am Corona-Management an und zitieren Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) für eine Dringliche Anfrage ins Hohe Haus, kündigte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei einer Pressekonferenz am Dienstag an. Den Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) hält sie für rücktrittsreif. Manches sei "noch ärger" als gedacht, meinte Meinl-Reisinger zum Bericht. Man könne schon fast von einem "Multiorganversagen" sprechen.
Sebastian Kurz (ÖVP) sei ein "Panikkanzler", weil er ohne Vorbereitung vor Ort und ohne Rechtsgrundlage für Panik gesorgt habe. Dass im Zuge der Abreise der Touristen weitere Infektionen stattgefunden haben und sich das Virus über Europa verbreitet habe, sei der "Supergau" gewesen.
SPÖ schließt U-Ausschuss nicht aus
Die SPÖ schließt auch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf Bundesebene nicht aus, um sich mit der Sache zu befassen. Man werde den vorliegenden Bericht nun prüfen und mit den anderen Fraktionen Kontakt aufnehmen, sagte Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) am Dienstag in einer Pressekonferenz.
Die SPÖ allein verfügt für ein solches Verlangen nicht über genügend Abgeordnete im Nationalrat. Außerdem können nicht gleichzeitig zwei von der Opposition in die Wege geleitete U-Ausschüsse tagen, und jener zum Ibiza-Video und dessen Folgen läuft ja noch. Zumindest theoretisch möglich wäre aber ein von einer Mehrheit beantragter Ischgl-U-Ausschuss.