Heute werden in den 1.494 Wahllokalen noch die letzten Wahlzellen und „Identifikationsparavents“ aufgebaut. „Covid-Sackerl“ mit Desinfektionsmittel und Masken wurden bereits ausgeliefert. Die finalen Vorbereitungen laufen und ein außergewöhnlicher Wahlkampf geht zu Ende. An diesem letzten Tag vor der Wahl schauen wir zurück auf fünf turbulente Jahre.

2015: Kopf-an-Kopf Rennen von SPÖ und FPÖ

Bei der Wien-Wahl vor exakt fünf Jahren ließen knappe Umfrageergebnisse noch ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen der SPÖ und der FPÖ erwarten. Das Wahlergebnis war dann aber doch überraschend. Mit 39,6 Prozentlag die SPÖ deutliche 8,8 Prozentpunkte vor der FPÖ, die im Herbst der Flüchtlingskrise 30,8 Prozent erreichte. Das erwartete Bürgermeisterduell blieb aus, Michael Häupl konnte sich klar gegen Heinz-Christian Strache behaupten, der damals noch für die FPÖ um das Bürgermeisteramt ins Rennen ging. 

Rot-Grün brachte 955 Stunden Redezeit

Eine Koalition mit der FPÖ schloss Häupl bereits im Vorfeld aus, die ÖVP war mit einem einstelligen Wahlergebnis kein starker Koalitionspartner. Und so galt eine Neuauflage von Rot-Grün, unter Bürgermeister Michael Häupl und Vizebürgermeisterin und Grünen-Chefin Maria Vassilakou schon ein knappes Monat nach der Wahl als beschlossen. 

Die Koalition hat gehalten und es folgten fünf Jahre mit 50 Landtags- und 74 Gemeinderatssitzungen. In beiden Gremien wurden insgesamt fast 3.000 Tagesordnungspunkte und 2.355 Beschlussanträge abgehandelt. Auch 58 Ordnungsrufe waren nötig, immerhin wurde 955 Stunden und 30 Minuten lang gesprochen, debattiert und verhandelt. Das sind fast 40 Tage ununterbrochene Redezeit. 

Rochaden und Rundumerneuerung

Währenddessen gab es zahlreiche Personalrochaden in sämtlichen Parteien. Als am 24. November 2015 offiziell die 20. Legislaturperiode der Stadtregierung begann, wurden viele Gesichter angelobt, die heute nicht mehr, oder in anderen Funktionen vertreten sind. Interne Querelen, Rücktritte, zwei Nationalratswahlen, Ibiza und nicht zuletzt ein Parteiausschluss sind der Grund für viele neue Gesichter bei dieser Wahl, die für alle Spitzenkandidaten eine Premiere in dieser Funktion ist. 

SPÖ-Umbau

Allen voran für Michael Ludwig, der im Jänner 2018 den Vorsitz der SPÖ übernahm. Im Mai 2018 übernahm er dann endgültig den Bürgermeistersessel von Langzeit-Stadtchef Michael Häupl, der sich nach fast 24 Jahren aus dem Rathaus verabschiedete. Mit dem Wechsel an der SPÖ-Spitze wurde auch das rote Regierungsteam umgebaut. Kathrin Gaál folgte Ludwig als Wohnbaustadträtin, Peter Hacker löste Sandra Frauenberger als Gesundheits- und Sozialstadträtin ab. Peter Hanke übernahm das Ressort von Finanzstadträtin Renate Brauner und Veronica Kaup-Hasler wurde Nachfolgerin von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Einzig Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und Umweltstadträtin Ulli Sima behielten ihre Jobs. 

Premiere für alle Spitzenkandidaten

Im Juni 2018 begann es auch bei den Grünen zu rumoren, woraufhin Maria Vassilakou im Herbst ihren Rückzug bekannt gab. Die Grüne Spitzenkandidatin Birgit Hebein übernahm nach einer internen Abstimmung um den Vorsitz im Juni 2019 ihre Agenden als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin. Straches Nachfolger als FPÖ-Obmann wurde nach seinem Ibiza-bedingten Rücktritt Dominik Nepp. Gernot Blümel löste Manfred Juraczka nach dessen Wahlniederlage 2015 ab. Und nachdem Beate Meinl-Reisinger nach Matthias Strolz' Rücktritt von Wien an die Spitze der Bundespartei wechselte, rückte Christoph Wiederkehr nach. Selbst für Heinz-Christian Strache ist es eine Premiere, ist er doch diesmal nicht FPÖ-Spitzenkandidat, sondern muss mit seinem „Team HC Strache“ um den Einzug zittern. 

Die Ausgangslage vor der Wahl

Die Karten sind nach fünf turbulenten Jahren und ob der aktuellen Themenlage also völlig neu gemischt. Ein Duell wie 2015 wird es nicht geben, im Gegenteil. Die SPÖ befindet sich auf einem Umfragen-Höhenflug mit über 40 Prozent der Stimmen, während der FPÖ seit Wochen eine herbe Wahlniederlage prophezeit wird. In welchem Ausmaß diese ausfällt, hängt vor allem davon ab, ob das Team Strache die Fünf-Prozent-Hürde schafft. So oder so, ein Teil der 34 FPÖ-Sitze im Stadtparlament wird wohl an die ÖVP gehen, die laut Umfragen rund 20 Prozent erreichen und damit deutlich zulegen dürfte. Die Machtverhältnisse werden sich wohl aber auch zugunsten der Grünen verschieben, die mit 15 bis 17 Prozent rechnen. Es wäre ihr bisher bestes Ergebnis in Wien. Einzige Konstante dürften die Neos sein, die sich laut Umfragen bei 6 bis 7 Prozent halten.

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