Durch den Corona-bedingten Ausfall vieler öffentlicher Veranstaltungen hat der mediale Wahlkampf für die Parteien in Wien wesentlich an Bedeutung gewonnen. Aber wer spielt mit welchen Themen eine Rolle?
Das Institut für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) hat anhand von 40.000 Text-Datensätzen im Zeitraum von 17. August bis 1. Oktober untersucht, welche Themenbereiche im Wahlkampf dominieren und welche Parteien und Spitzenkandidaten in welchem Zusammenhang am öftesten vorkommen.
Analysiert wurden alle Aussagen, die rund um die Spitzenkandidaten und Parteien zur Wien-Wahl gefallen sind. Und zwar sowohl in journalistischen Medien als auch in von Parteien publizierten Inhalten auf Social Media bzw. anderen Online-Auftritten. Die Ergebnisse der Analyse im Detail:
ÖVP am öftesten genannt
Die ÖVP ist in der Untersuchung die meist genannte Partei mit 29 Prozent der untersuchten Aussagen. Das liege hauptsächlich an der Doppelrolle von Gernot Blümel als Minister im Bund und Spitzenkandidat in Wien, erklärt IMWF-Austria-Chef Axel Maireder. Die SPÖ folgt dahinter mit 26,8 Prozent. Die Grünen als Regierungspartner der SPÖ in Wien kommen nur auf 9,1 Prozent.
Strache dominiert
Bezogen auf die Spitzenkandidaten wurde kein anderer so oft genannt wie Heinz-Christian Strache. Das liegt aber weniger an von Strache gesetzten Themen, als vielmehr an der medialen Diskussion über Hauptwohnsitz bzw. an der Ibiza-Causa. Auf Platz zwei liegt hier Gernot Blümel, der vor allem durch politische Gegner wie der FPÖ oft thematisiert wurde. Am wenigsten oft genannt wurde Neos-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr.
Viele Beiträge ohne inhaltliche politische Aussage
Dass inhaltlich gehaltvolle Aussagen in politischen Auseinandersetzungen gerne auf der Strecke bleiben, mag auf den ersten Blick nicht verwundern. Dass aber sogar 34 Prozent aller untersuchten Aussagennicht zu politischen Themen gefallen sind, hat das IMWF überrascht. Begründen lässt sich das auch durch die besonderen Umstände aufgrund der Corona-Pandemie (Briefwahl, Ablauf der Wahl, etc.), so IMWF-Chef Maireder.
Gesundheit vor Migration und Ibiza
Was angesichts der Pandemie ebenfalls nicht überrascht: 20 Prozent aller untersuchten Aussagen in diesem Wahlkampf hatten mit dem Thema Gesundheit zu tun. Gleich dahinter folgt bereits das Thema Migration (14,9 Prozent), welches durch die Flüchtlingsdebatte rund um das Lager in Moria geprägt wurde – besonders von der ÖVP, der FPÖ und dem Team Strache. Die Ibiza-Causa dominierte am drittstärksten (12,4%), erst danach folgt der Bereich Wirtschaft (11,9%).
Klassische Themen abgeschlagen
Bildung, Wohnen und Soziales spielten im Vergleich zu den oben genannten Themen in der medialen Auseinandersetzung weitaus weniger eine Rolle. Etwas häufiger kommen die Bereiche Klima und Verkehr vor. Wobei nur das Thema Gürtelpool auf 1,2 Prozent der Äußerungen kommt. Für ein einzelnes Projekt ein erstaunlich hoher Wert, so IMWF-Chef Maireder.
ÖVP beim Thema Migration vor FPÖ
In den letzten Jahren wurden die Themen Migration und Sicherheit am öftesten mit der FPÖ in Verbindung gebracht. Das hat sich nun geändert. Bei 34 Prozent aller untersuchten Aussagen zum Thema Migration wird die ÖVP genannt, 28 Prozent sind es beim Thema Sicherheit. Die SPÖ wird – auch aufgrund der Stadträte Hacker und Hanke – besonders in den Bereichen Gesundheit und Wirtschaft oft genannt. In den Bereichen Klima und Verkehr sind laut Analyse die Grünen tonangebend, die Neos fallen einzig beim Thema Bildung auf.
Wirtschaft jetzt wichtiger als Gesundheit
Im zeitlichen Verlauf spielte bis Ende September das Thema Gesundheit die größte Rolle – vorrangig aufgrund der steigenden Corona-Fallzahlen. Ab Anfang Oktober kommen aber die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in der Wahl-Auseinandersetzung wieder am stärksten vor.
Der erste Bezirk
Zwar wohnen in der Inneren Stadt mit Abstand am wenigsten Menschen in Wien, kein anderer Bezirk wurde aber so oft thematisiert wie der erste. Das hat mit der Debatte um die autofreie City zu tun. Ebenfalls oft genannt wurde Favoriten aufgrund der Ausschreitungen bei Demonstrationen im Juni. Auf Platz drei: Floridsdorf, der Heimatbezirk von Bürgermeister Ludwig.
Andreas Terler