Ein simpler Druck auf die Löschtaste mit großer Wirkung: Beflügelt von der Aktion „Sag's dem Blümel!“ setzte letzte Woche der bekannte Literat Robert Menasse einen wenig schmeichelhaften Kommentar auf der Facebook-Seite von ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel ab. Der Beitrag wäre wahrscheinlich kaum registriert worden, hätte das an sich professionelle Social Media Team in der türkisen Parteizentrale nicht den kapitalen Fehler begangen, den Kommentar zu löschen. Ein Shitstorm in den sozialen Medien war die Folge.
Im Posting hatte Menasse die Frage aufgeworfen, was denn Blümel unter der Maxime, er wolle Wien „wieder nach vorne bringen“, verstehe. Ob er die Zeit "vor dem roten Wien, als die Stadt einen antisemitischen Bürgermeister hatte, von dem Hitler lernte“, gemeint habe. Menasse erinnerte daran, dass die ÖVP seit 1945 viele Großprojekte (UNO-City, Donauinsel, U-Bahn, Mariahilferstraße) verhindern wollte.
NS-Gedankengut
In der ORF-Pressestunde goss Blümel wieder Öl ins Feuer. Man habe das Posting gelöscht, weil man „NS-Gedankengut keinen Raum geben“ wolle. Er wisse, Menasse habe es nicht so gemeint, aber die Bestimmungen würden eine Löschung nach sich ziehen. Im Standard replizierte Menasse gestern, ihm NS-Gedankengut zu unterstellen, wenn er an Luegers Antisemitismus denke, sei „unglaublich.“ Und: "Wenn Blümel mir NS-Gedankengut unterstellt, fordere ich ihn auf, mir das zu beweisen. Sicher beweisbar ist seine Nähe zum FPÖ-Gedankengut."
Kommunalpolitische Leistungen
"Hätte ich mir etwas mehr Zeit genommen", so Menasse, "also zum Beispiel in aller Ruhe einen Essay am Schreibtisch geschrieben, am nächsten Tag poliert und so weiter, dann hätte ich manches vielleicht differenzierter und eleganter formuliert. Ich hätte sicher auch den Lueger weggelassen. Es hätte gereicht, an die Blockaden der ÖVP nach 1945 zu erinnern. Lueger hat ja tatsächlich kommunalpolitische Leistungen vollbracht", bemerkt Menasse, "aber es ist unglaublich, dass mir NS-Gedankengut unterstellt wird, wenn ich an Luegers Antisemitismus erinnere".
