Die Premiere der Corona-Ampel mit vier Gelbschaltungen hat am Freitag zu einem Streit über Kompetenzen geführt: Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hielt angesichts der Zweifel des oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in einem Statement fest, dass er sehr wohl auch eine regionale Maskenpflicht - etwa für die Stadt Linz - aussprechen kann.
Stelzer hatte zuvor die rechtlichen Grundlagen für eine derartige Verschärfung negiert. "Der zuständige Verfassungsdienst des BKA (Bundeskanzleramtes, Anm.) und die befragten Spitzenjuristen des ExpertInnenbeirates für Rechtsfragen bestätigen, dass der Gesundheitsminister die Kompetenz hat, die angekündigten Maßnahmen zum Mund-Nasen-Schutz auch regional zu verordnen", hieß es vonseiten Anschobers zum Disput um die Corona-Ampel, die in Linz - wie auch in Wien und Graz und dem Bezirk Kufstein in Tirol - am heutigen Freitag auf Gelb geschaltet wurde. Er habe zudem am gestrigen Donnerstag alle betroffenen Landeshauptleute über diesen Umstand informiert. Somit müsste aufgrund Anschobers Aussage auch Stelzer in Kenntnis gesetzt worden sein.
"Bürgermeister gegenüber Minister weisungsgebunden"
Der Verfassungsdienst stellte am Freitagnachmittag klar, dass Verordnungen auch seitens der Gemeinden und Länder einzuhalten sind. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: "Ordentlich kundgemachte Verordnungen sind anzuwenden und von allen Personen zu befolgen. In Statutarstädten ist der Bürgermeister gleichzeitig als Bezirksverwaltungsbehörde tätig und gegenüber dem zuständigen Bundesminister (für Gesundheit) im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung über den jeweiligen Landeshauptmann weisungsgebunden."
In der Kompetenz des Ministers
Der Linzer Verwaltungsjurist Michael Mayerhofer bestätigte gegenüber der Kleinen Zeitung diese Rechtsansicht: In § 1 des aktuell gültigen Covid-19-Gesetzes sei geregelt, dass der Gesundheitsminister in "bestimmten Betriebsstätten" und zum Zwecke "der Eindämmung der Pandemie" Maßnahmen anordnen kann, diese könnten natürlich auch nach der Örtlichkeit und nicht nur etwa nach der Branche definiert werden.
Anders sei es mit "öffentlichen Orten" - hier kann tatsächlich der Minister nur für das gesamte Bundesgebiet, der Landeshauptmann für das betreffende Land und der Bezirkshauptmann für den betreffenden Bezirk Beschränkungen erlassen.
Stelzer ortete wie zuvor der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) einen "klassischen Fehlstart bei der Corona-Ampel". Die Gelbschaltung für Linz sei "unverständlich und auf Basis objektiver Zahlen nicht nachvollziehbar". Es werde daher auch keine Empfehlung des Landes für Verschärfungen in Linz geben. Aus Sicht des Gesundheitsministeriums ist dies aber auch gar nicht notwendig, denn die Verschärfung des Mund-Nasen-Schutz ist bereits jetzt aufgrund der Lockerungsverordnung rechtlich bindende Vorgabe, die bei Ampelfarbe Gelb als zusätzliche Schutzmaßnahme vorgesehen ist.
Unverständnis in Oberöstereich
In Oberösterreich begegnet man dieser Ampelfarbe mit Unverständnis, denn seit der ersten Probeschaltung der Corona-Ampel hätten sich die Zahlen im ganzen Land verbessert, auch in der Landeshauptstadt. Eine Auffassung, welche von der Corona-Kommission auch bestätigt wird, denn in der Bewertung der Stadt Linz wurde erläutert, dass dort "die Entwicklung der kumulativen 7-Tagesinzidenz einen Rückgang von rund 32 auf rund 26 pro 100.000 EinwohnerInnen" zeige.
Stelzer ortete jedoch im Vergleich mit anderen Bezirken eine Ungleichbehandlung: Während etwa Wiener Neustadt mit einem Sieben-Tage-Index bei Neuinfektionen von 43,6 oder Eisenstadt-Umgebung (34,7) auf Grün geschaltet wurden, sei Linz mit 20,42 (Stand 3. September) gelb. Auch sei der Anteil der geklärten Corona-Fälle in Linz (62 Prozent) höher als in Wiener Neustadt (58 Prozent) und Eisenstadt-Umgebung (18 Prozent). Die Einschätzung der Corona-Kommission zieht jedoch nicht nur dieser Werte zur Beurteilung heran, sondern Schlüsselindikatoren mit insgesamt vier Dimensionen, wie aus auf der neuen Webseite hervor geht. So werden etwa auch die Altersstruktur berücksichtigt, oder wie viele Prozent aller Infizierten als asymptomatisch zu bewerten sind.
Veronika Dolna