Frankreich prescht vor, Tschechien machte noch einmal einen Rückzieher, Italien führt die Maskenpflicht an den Schulen ein: In ganz Europa stellen sich Ärzte und Politiker die Frage, wie auf den nahenden Herbst, die sinkenden Temperaturen, geschlossene Räume, weniger gutes Lüften und damit eine steigende Infektionsgefahr zu reagieren ist.

In Österreich war Gerhard Foitik vom Roten Kreuz der erste, der sich für die Ausweitung der Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, aussprach, jetzt folgt Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Er ist für die Wiedereinführung der generellen Maskenpflicht in Innenräumen - also auch am Arbeitsplatz. Gegenüber dem "Kurier" sagt Szekeres: "In geschlossenen Räumen macht die Maske Sinn. Im Freien ist sie unnötig, da reicht der Abstand."

Die Politik hält sich vorerst bedeckt. Nur SPÖ-Chef Pamela Rendi-Wagner stellte die Forderung nach einer Maskenpflicht im Herbst in den Raum. Rendi-Wagner gilt selbst als Expertin, und es sind vor allem die Gesundheitsfachleute, die vor der steigenden Infektionsgefahr warnen. Die Ausbreitung des Coronavirus wird nach Angaben eines Forscherteams aus Leipzig und Indien auch von der Luftfeuchtigkeit beeinflusst. In trockenen Räumen kommt es demnach zu einer leichteren Verbreitung.

Sozialpartner bremsen

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB), die Arbeiterkammer (AK), die Wirtschaftskammer (WKÖ) und die Industriellenvereinigung (IV) sind vorerst noch gegen eine generelle Maskenpflicht am Arbeitsplatz, wie sie in Frankreich ab 1. September gelten soll. "Für eine generelle Maskenpflicht am Arbeitsplatz sehen wir aktuell - abgesehen von der Arbeit im Gesundheitsbereich, für die Experten das empfehlen - keinen Bedarf, wenn Schutzmaßnahmen wie Abstandsregeln und Hygienevorschriften eingehalten werden", sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Er sieht "eine große Verantwortung der Arbeitgeber, für sichere Arbeitsplätze zu sorgen".

Eigenverantwortung

Diese Verantwortung sehen die Arbeitgebervertreter erfüllt. "Die Unternehmen in der Industrie tragen Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Sehr früh hätten die Industriebetriebe Sicherheitsvorkehrungen verstärkt und Schutzmaßnahmen für und gemeinsam mit ihren Beschäftigten getätigt. "Statt einer generellen Maskenpflicht auf dem Arbeitsplatz in allen Wirtschaftsbereichen plädiert die Industriellenvereinigung daher für Eigenverantwortung und Freiwilligkeit bzw. für eine passgenaue Lösung für einzelne Wirtschaftsbereiche."

Andere Maßnahmen zuerst

"Der Arbeitnehmerschutz sieht ganz allgemein vor, dass erst bauliche und arbeitsorganisatorische Maßnahmen, wie weniger dicht besetzte Schichten etc. getroffen werden müssen", betonte AK-Präsidentin Renate Anderl. "Erst wenn das sichergestellt ist, kann man über Masken reden."

Die Arbeitnehmervertreterin betonte weiters, dass es keine Maskenpflicht ohne die von ihr geforderte Maskenpause für Arbeitnehmer geben könne. Grundsätzlich werde die derzeitige Regelung zum Maskentragen in den Betrieben gut angenommen - freiwillig und als Vereinbarungssache, ausgenommen dort, wo gesetzlich vorgeschrieben.

Punktuelle Maßnahmen

Auch WKÖ-Generalsekretär und ÖVP-Finanzsprecher Karlheinz Kopf betonte, dass die Betriebe viel für Prävention getan haben und tun. Von einer generellen Maskenpflicht hält die Kammer nichts: "Vielmehr als eine generelle Verpflichtung zum Maskentragen braucht es dazu aber weiterhin gezielte und punktuelle regionale Reaktionen, wofür das Ampelsystem schließlich geschaffen werden soll", sagte Kopf.

Frankreich setzt bei der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus auf das verpflichtende Tragen von Nasen-Mundschutzmasken am Arbeitsplatz. Die Regelung gilt ab September für alle Gemeinschaftsräume in Büros und Fabriken, mit Ausnahme von Einzelbüros.