Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Freitag mit Experten seines Ministeriums die angeküdigte „Corona-Ampel“ vorgestellt – ein System, das ab September Woche für Woche erlauben soll, die Risikolage in den einzelnen Bezirken, in jedem Bundesland und ganz Österreich auf einen Blick zu erfassen. „Am Freitag ist Ampeltag“, sagt Anschober – in den kommenden Wochen soll das System erprobt werden, in der ersten Septemberwoche vor Schulbeginn soll es jede Woche eine Einstufung für alle Ebenen geben – und auf Basis dieser Einschätzung gegebenenfalls regional unterschiedliche Maßnahmen.
Wie es zu der „Ampel“ kommt, folgt einem komplexen Prozess, in dem zunächst Experten Empfehlungen abgeben und dann Politiker bzw. Spitzenbeamte entscheiden.
Datenlage im Auge behalten
Der wichtigste Faktor auf dem Weg zur „Ampel“ sei, die Datenlage präzis im Auge zu behalten, heißt es bei der Pressekonferenz. Vier Maßzahlen sollen ausschlaggebend sein: die Zahl der Fälle, die Suche nach „Clustern“, die verbleibenden Ressourcen im Gesundheitswesen sowie die Zahl der Tests.
Auf dieser Datenbasis, die jeweils auf Bund, Länder und Bezirke heruntergebrochen wird, soll eine neue „Corona-Kommission“ mit Rücksicht auf andere Faktoren wie Mobilität, bisherige Entwicklung und etwaige regionale Besonderheiten eine Corona-Warnstufe (= Ampelfarbe) bundesweit, für jedes Land oder jeden Bezirk empfehlen: geringes, mittleres, hohes oder sehr hohes Risiko. Zudem empfiehlt die Kommission, welche zusätzlichen Maßnahmen aufgrund dieser Entscheidung verhängt werden sollen. „ Allen Entscheidungen sollen harte Kennzahlen zugrundeliegen“, sagt Daniela Schmid, Ages-Epidemiologin und Sprecherin der neuen Kommission.
Die Kommission setzt sich aus fünf Vertretern des Bundes, fünf Virologen/Public Health-Experten sowie je einem Gesundheitsexperten aus den neun Ländern zusammen. Ohne Stimmrecht werden außerdem Vertreter von Bildungs-, Tourismus-, Außen- und Verteidigungsministerium beigezogen.
Transparente Empfehlungen
Die endgültige Entscheidung über die Warnstufe fällt aber auf Basis dieser Empfehlung auf politischer Ebene: Durch den Gesundheitsminister für ganz Österreich, die Landeshauptleute für die Länder sowie durch die Bezirkshauptleute für die Bezirke – jeweils in Abstimmung mit den übergeordneten Ebenen. Anschober könnte theoretisch alle anderen Ebenen overrulen und per Weisung selbst entscheiden, welche Ampelfarbe und welche Maßnahmen kommen – er will aber auf Dialog und gemeinsame Entscheidungen setzen.
Sowohl die Empfehlungen der Kommission als auch die politischen Entscheidungen sollen transparent gemacht werden, so Anschober. Auf einer eigenen Website soll jederzeit die Entscheidungs- und Empfehlungslage nachvollzogen werden können.
Zweite Welle soll verhindert werden
Das ganze System zielt darauf ab, eine zweite Welle im Herbst zu verhindern: „Mit Schulbeginn beginnt Phase 4“, sagt Anschober - diese werde bis zu einer Impfmöglichkeit dauern. Um hier präventiv zu wirken und Klarheit herzustellen, soll die Ampel dienen – „wir wollen dem Virus nicht nur hinterherlaufen, sondern auch vorausschauend handeln: Was braucht es in den nächsten Wochen und Monaten“, so Anschober.
Um die Ampel umzusetzen, braucht es Novellen des Epidemie- und Covid-Maßnahmengesetzes; beide sollen in den nächsten Tagen in Begutachtung gehen und Ende August abgeschlossen werden.