Bereits einen Tag nach Wiedereinführung der Maskenpflicht in Supermarkt, Bank und Co. herrscht bereits Verwirrung über ihre Folgen. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes, der am Mittwoch Teile der in Lockdown-Zeiten gegoltenen Auflagen und die entsprechend verhängten Strafen für rechtswidrig erklärt hatte, ist nun unklar, ob Verstöße künftig überhaupt bestraft werden dürfen. Die Folge: Die Polizeibeamtinnen und - beamten geht nun in jedem Bundesland anders vor.
Für Aufregung hatte die Feststellung der Wiener Polizei gesorgt, die als erste verkünden ließ, dass die Exekutive nun solange keine Anzeigenbescheide ausstellen werde, bis die Rechtslage vollständig geklärt sei. Sofort stand der Verdacht im Raum, dass die rote Hauptstadt im Vorwahlkampf gegen den türkis-grünen Bund aufbegehren will.
Tirol will weiter strafen
Doch auch das tiefschwarze Niederösterreich reagierte im Grunde gleich, nur wird das Vorgehen dort deutlich diplomatischer formuliert. Man wolle künftig vor allem auf Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung der Bevölkerung setzen. Nur im „Ernstfall“ wolle man entsprechende Strafbescheide ausstellen. Ähnlich lautet der Plan auch in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Kärnten sowie in der Steiermark. Nur in Tirol gibt sich die Exekutive bisher unbeeindruckt, hier werde man weiter strafen wie bisher.
Doch woher kommen diese regionalen Unterschiede? Darüber, ob die Polizei straft oder nicht, entscheidet nicht das für die Exekutive zuständige Innenministerium, sondern die jeweilige Landesgesundheitsbehörde. Sie muss derzeit eine Rechtsmeinung darüber erstellen, wie die neue Gesetzeslage in der Praxis umzusetzen ist. Ist diese Umsetzung erst einmal festgelegt, können beziehungsweise müssen die Polizeibeamten entsprechend handeln.
Verärgerung im Innenministerium
Der Grund für diese legistische Reihenfolge: Die Polizei verzeichnet zwar die einzelnen Verstöße gegen die Verordnungen und erstellt eine entsprechende Anzeige, diese wird dann aber an das jeweilige Magistrat geschickt. Dort wird dann über weitere Schritte entschieden. Damit muss nun jede einzelne Landespolizeidirektion auf Anweisungen der jeweiligen Gesundheitsbehörde warten – und dann entsprechend agieren.
Im Innenministerium gibt man sich hochverärgert über die aktuelle Strafen-Verwirrung. Ein Schuldiger dafür ist bereits gefunden: Grünen-Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Als Chef der Landesgesundheitsbehörden liege es an ihm, eine entsprechende Weisung an diese zu erteilen. Damit wäre die Lage klar und bundesweit einheitlich. Offene Kritik am Minister will man aber – im Sinne des Koalitionsfriedens – nicht äußern.
Anschober will sich nicht hetzen lassen
Im Gesundheitsministerium wird die Lage deutlich anders bewertet. Die Exekutive würde sich hier schlicht aus der Verantwortung stehlen wollen, indem sie Druck auf das Ministerium aufzubauen versuche. Aktuell seien die Juristen im Haus jedenfalls damit beschäftigt, diverse Möglichkeiten zu prüfen, um hier zu einer einheitlichen Lösung zu kommen. Auch der Vorschlag einer vom Innenministerium geforderten Weisung oder Verordnung liege dabei auf dem Tisch. Man werde sich hier aber nicht unter Druck setzen lassen, heißt es aus Anschobers Büro.
Dass das Ministerium keine leichtfertigen Weisungen erteilen will, ist auch der VfGH-Aufhebung geschuldet. Ein weiterer juristischer Fehltritt muss um jeden Preis verhindert werden. Innen- und Gesundheitsministerium wollen sich in den kommenden Tagen zusammensetzen, um an einer Lösung zu arbeiten. Bis dahin bleibt ein „Fleckerlteppich“ an Strafmaßnahmen.