Es ist ein undankbares Thema – und damit wohl kein Zufall, dass gerade diese Woche die Weichen für die Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung gestellt werden, in der das Land bereits auf Urlaubsstimmung einbiegt.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) wird in den nächsten Tagen entscheiden, wie es mit den Jets des Bundesheeres weitergeht – den 15 in Zeltweg stationierten Eurofighter- Überschall-Jägern und zwölf langsameren Saab 105 im oberösterreichischen Hörsching.
Heute, Montag, trifft Tanner noch einmal den langjährigen Anwalt der Republik, Finanzprokuratur-Präsident (und Kurzzeit-Innenminister) Wolfgang Peschorn.
Er vertritt Österreichs Interessen gegenüber Eurofighter-Hersteller Airbus – und hat sich in den vergangenen Monaten vorsichtig optimistisch gezeigt, dass die Republik aufgrund in Ermittlungen gegen Airbus aufgetauchter Beweismittel zumindest Geld vom Hersteller zurückholen – oder sogar den ganzen Vertrag rückabwickeln – könnte.
Auch in der "Zeit im Bild 2" erklärte Peschorn am Sonntag abermals, dass das Ziel weiterhin sei, die Flieger zurückzugeben und den Kaufpreis von damals - rund zwei Milliarden Euro - zurückzubekommen. Was er Tanner raten wird, will Peschorn aber nicht öffentlich machen - nur soviel: Dass Österreich gegen Airbus prozessiere, beeinträchtige die laufende Zusammenarbeit beim Betrieb der Jets nicht.
Nach dem Treffen mit Peschorn soll dann die Entscheidung fallen. „Anfang der Woche“, wie es aus dem Verteidigungsministerium heißt, will Tanner dann zunächst die Wehrsprecher der Parteien und danach die Öffentlichkeit informieren, wie es mit den Flugzeugen weitergehen soll, die bereits am Ende ihrer Lebensdauer angelangt (Saab) bzw. zumindest nachrüstungsbedürftig (Eurofighter) sind.
Doch keine Neuanschaffung?
Die Varianten, wie es nun weitergeht, reichen von der kompletten Neuanschaffung samt langwierigen Beschaffungsprozess und Vorlaufzeiten, in denen eine Übergangsvariante benötigt wird, über das Leasen von Flugzeugen bis dahin, zumindest die Eurofighter nachzurüsten und beizubehalten.
Genau diese Variante – die unter Blau-Schwarz 2002 bestellten und unter Rot-Schwarz 2007 auf weniger und schlechtere Modelle „downgegradeten“ Jets weiter zu betreiben – soll die präferierte Variante des Ministeriums sein, wie es zur Kleinen Zeitung aus mehreren Quellen heißt.
„Auf dem Tisch“ soll unter anderem die Variante sein, die Eurofighter in Zukunft auf zwei Standorte aufzuteilen, um Ausbildungsflüge, die bisher mit der Saab 105 absolviert wurden, gewährleisten zu können. Eventuell müsste dann allerdings ein Teil der Ausbildung im Ausland absolviert werden.
Billigste Variante: Weiter mit Eurofighter
In den vergangenen Tagen ist bekannt geworden, dass diese Variante zumindest nicht teurer sein soll als die komplette Neubeschaffung. Wie der „Standard“ berichtet hat, ist eine Berechnung der vom damaligen Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) 2018 eingesetzten Kommission zur Luftraumüberwachung zu dem Schluss gekommen, dass der Weiterbetrieb mit Kosten von 4 bis 4,5 Mrd. Euro in den kommenden 20 Jahren ähnlich teuer ist wie der Umstieg auf ein anderes System (3,9 bis 4,5 Mrd. Euro). Allerdings müsste die Eurofighter-Flotte dafür nachgerüstet werden. Ein gänzlich anderes Ergebnis hatte eine andere Kommission unter Kunaseks Vorgänger Hans Peter Doskozil (SPÖ) gebracht: Diese hatte Einsparungen von bis zu zwei Milliarden Euro durch den Umstieg auf günstigere Kampfjets errechnet.
Wie auch immer Tanner entscheidet, politisch wird es ein harter Kampf um das entsprechende Budget – schon allein in der Koalition, wo die Grünen mehrmals den Ausstieg aus den Eurofightern gefordert haben.
Dass eine Lösung für die Kampffliegertruppe dringend notwendig ist, steht aber außer Zweifel. In der Bestandsaufnahme von Übergangsverteidigungsminister Thomas Starlinger(mittlerweile wieder in seine vormalige Rolle als Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zurückgekehrt) zum Zustand des Bundesheeres heißt es unter anderem: „Werden die Abfangjäger nicht entsprechend ihrer Aufgabe ausgerüstet, können diese Ziele weiterhin nur am Tag identifizieren. Bei Nacht können Luftraumverletzungen nur durch Radar beobachtet und keine aktiven Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Souveränität des Luftraums wäre aufgegeben.“
Das hätte dem Bericht nach (auch er erwähnt den Weiterbetrieb der Eurofighter als kostengünstigste Variante) zur Folge, dass „ein terroristischer Anschlag mit einem Luftfahrzeug“ wie am 11. September 2001 nicht mehr abgefangen werden könnte. Konsequenz: „Der Schutz der Bevölkerung ist daher nicht sichergestellt.“
Georg Renner