Wie geht es Ihnen als Vorsitzender der Ibiza-Untersuchungsausschusses mit dem Vorwurf der Befangenheit, weil sie selbst dem Mock-Institut, einem ÖVP-nahen Verein, vorstehen?
WOLFGANG SOBOTKA: Ich verstehe die Opposition, die hier die Chance nützen möchte, um mich zu kritisieren und so Öffentlichkeit zu generieren. Ich wäre ein schlechter Demokrat, würde ich das nicht akzeptieren. Es tut mir leid, dass das Alois-Mock-Institut hier bewusst schlechtgemacht werden soll. Irgendwo stand, das Institut hätte „üppige Inserate“ von einem im U-Ausschuss relevanten Unternehmen (Novomatic) bekommen. Es waren genau zweimal 2.500 Euro. Andere Vereine, die jetzt thematisiert werden, können bei solchen Summen nur müde lächeln.
Verspüren Sie nicht einmal emotionale Befangenheit?
Nein. Wenn das so wäre, dürfte ich bei zwei Drittel der Auskunftspersonen nicht anwesend sein. Ich kenne ja alle: Den Herrn Bundeskanzler, aktuelle oder ehemalige Bundesminister, oder auch andere Personen. Davon abgesehen: Ich habe kaum eine gestaltende Rolle im Ausschuss. Alles, was ich kann, ist Fragen nicht zuzulassen, und selbst dazu konsultiere ich immer den Verfahrensrichter an meiner Seite. Ich bin quasi der Schiedsrichter, der darauf achtet, dass im Ausschuss alles ordnungsgemäß abläuft.
Das ist alles?
Ja. Es gab ja eine Änderung der Verfahrensordnung im Jahr 2015. Seither ist der Vorsitzende nur noch der Wächter über das Verfahren. Er lenkt es nicht. Die Parlamentarier sollen alles haben, was nötig ist, um alle Vorgänge aufzuklären. Ich bin aber auch für die Auskunftspersonen da, dafür, dass sie in ihren Rechten nicht beschnitten werden. Sie kommen ja nicht als Angeklagte, auch wenn es in der öffentlichen Wahrnehmung oft so wirkt. Man darf den Ausschuss nicht mit einem Gericht verwechseln. Ich halte mich zudem mit Auftritten im Zusammenhang mit den Ausschuss zurück, um den Abgeordneten diesen Raum zu überlassen.
Zuletzt gab es auch viel Wirbel rund um Zitate aus den Unterlagen der Staatsanwaltschaft. Wären Sie dafür, dass es, wie in Deutschland, verboten ist, Teile der Ermittlungsakten zu veröffentlichen?
Ja, im Sinne eines fairen Verfahrens sollte das eigentlich in einem Rechtsstaat so sein. Bei allem Sinn für Aufklärung – hier werden doch manche Grenzen überschritten.
Wenn sich die Auskunftspersonen der Aussage entschlagen, ist das aber auch wenig hilfreich, oder?
Es kommen halt oft Auskunftspersonen mit dem Fokus in den Ausschuss: Wie steige ich am besten aus? Und nicht: Wie kann ich die Aufklärung maximal unterstützen? Es wäre hilfreich, wenn die Auskunftspersonen, gegen die auch gerichtlich ermittelt wird, ihre erste Einvernahme schon hinter sich hätten. Denn viele wissen ja noch nicht einmal, wessen sie überhaupt beschuldigt werden. Das ist eine Gratwanderung, die es auch in bisherigen Ausschüssen zu überwinden galt. Doch das Recht, sich selbst nicht belasten zu müssen, ist nun mal zu akzeptieren.
Sollten die Abgeordneten das Ibiza-Video nicht endlich in voller Länge sehen?
Der Herr des Ermittlungsverfahrens ist die Staatsanwaltschaft. Sie entscheidet auch, was für den Untersuchungsausschuss relevant ist und welche Dinge nicht übermittelt werden dürfen.
Claudia Gigler