Die Folgen von Ibiza sind für das Land und seine innenpolitische Landschaft dramatisch und wohlbekannt: Heinz-Christians Straches Rücktritt als Vizekanzler, Johann Gudenus' Abgang als Klubobmann im Parlament, Implosion der bis Mai 2019 in der Bevölkerung per se nicht unbeliebten Regierung Kurz-Strache, Einsetzung einer Expertenregierung - und: Neuwahlen. Das Hickhack zwischen Strache und der neuen FPÖ-FührungsdoppelspitzeNorbert Hofer und Herbert Kickl wurde danach nicht leiser - ganz im Gegenteil. Im "Report" teilte FPÖ-Klubobmann Kickl dementsprechend heftig aus: Strache habe im Laufe der Zeit die Bodenhaftung verloren, "Großmannsucht" hätte ihn offenbar über die Jahre in Beschlag genommen, so seine Diagnose.
"Noch blöder geworden"
Als gewisses Indiz dafür wertete Kickl, dass jeder Satz Straches mit "ich" begonnen hätte. Man müsse "mehr die Ohren spitzen" als er dies damals als Generalsekretär getan hätte. Was in der sogenannten Oligarchenvilla besprochen worden war, sei moralisch jedenfalls untragbar gewesen. Es gehe für ihn dabei "vor allem um die moralische Komponente, die vorgelebte Schamlosigkeit." Kickl, der seit Langem für die Wahlkampfauftritte und Slogans der FPÖ verantwortlich zeichnet, war auch im Fernsehen nicht um markige Sager verlegen: "Mit einem Jahr Abstand gesehen, ist Strache fast noch blöder geworden. Normalerweise wird man vernünftiger." Eine gestreckte - verbale - Rechte gegen seinen einstigen Parteichef.
Erst am Sonntag zogen Expertinnen und Experten aus Politik und Medien in der ORF-Sendung "Im Zentrum" über ein Jahr Ibiza Bilanz. Anwesend war dabei auch Strache, der zusammen mit Gudenus für den monumentalen politischen Sündenfall steht. Politologe Peter Filzmaier etwa nannte Strache unter anderem und frank und frei "moralischen Totalversager", was dieser wortlos zur Kenntnis nahm.
Strache versuchte leidlich erfolgreich die Dinge zu relativieren und sich einmal mehr als Opfer darzustellen. Tenor: Aus dem Kontext gerissene Sager! Es gehe darum, die vollen sieben Stunden des im Geheimen aufgenommenen Videos zu sehen. Zudem sei nie etwas davon umgesetzt worden. Der sattsam bekannte Ansatz seiner Verteidigungslinie, an der er auch nach Bekanntgabe seines politischen Comebacks festhält.
"Sind wieder auf Kurs"
Kickl hielt ungeachtet dessen im "Zentrum" fest: Normalerweise habe man unter diesen Gegebenheiten auf der politischen Bühne ohnehin nichts mehr verloren. Selbst Strache selbst hätte das - vor einem Jahr zumindest noch - so gesehen. Das Video sei für ihn (Kickl, Anmerkung) trotzdem überraschend gekommen, denn: "Man kann in niemanden hineinschauen." Von ORF-Moderatorin Susanne Schnabel auf Parteispenden angesprochen, konterte Kickl mit "Alte Hüte!" Er könne ausschließen, dass hier etwas an den Regeln vorbei "auf den Weg gebracht" worden sei. Der "blaue Crashkurs" sei jedenfalls vorbei, man sei "wieder auf Kurs" - von Parteispaltung sei auch in weitere Folge keine Rede, "Lichtjahre" sei man davon entfernt. Quod esset demonstrandum.