Die Auseinandersetzung zwischen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der Stadt Wien ist um eine Facette reicher: Mehrere infizierte Wiener Arbeiter in dem Post-Verteilerzentrum im niederösterreichischen Hagenbrunn haben nach einem bereits durchgeführten Test versucht, noch einmal in die Arbeit zu gehen.
Wie der Kleinen Zeitung im Büro der niederösterreichischen Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) bestätigt wird, habe es in Hagenbrunn – Teil des großen Clusters um Leiharbeiter, an dem Wien und Niederösterreich gerade arbeiten – Fälle gegeben, in denen Menschen, die aus Wien dorthin pendeln, bei den von Niederösterreich durchgeführten Screenings ein zweites Mal positiv getestet wurden. Beispielsweise seien Arbeiter am Eingang des Postverteilzentrums zum Test gekommen, die bereits am Vortag positiv getestet worden waren.
Seitens der niederösterreichischen Behörden könne man aber nicht im Detail nachvollziehen, wie das passieren konnte. Denn während Niederösterreich als Standort des Betriebs zuständig für Tests sei, liege es an Wien, die Quarantäne umzusetzen. Denkbar sei etwa, dass Menschen von ihren (ersten) positiven Tests wegen der Benachrichtigungskette Niederösterreich-Wien-Infizierter noch nicht verständigt worden seien, bevor sie sich auf den Arbeitsweg gemacht hatten.
Seitens der Stadt erklärt ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker diese Fälle ebenfalls mit einer solchen zeitlichen Überschneidung. Ein Sprecher Königsberger-Ludwigs lobt die Zusammenarbeit der beiden Länder jedenfalls: Man sei permanent in enger Abstimmung miteinander.
Ludwig fordert "Ordnungsruf" Kurz' an Nehammer
Unterdessen erneuert Nehammer seine Kritik: In einer neuerlichen Pressekonferenz stellte er Wien als weißen Fleck auf einer roten Österreich-Karte dar, in dem als einzigen keine „Überwachung von Quarantänemaßnahmen durch die Polizei“ stattfindet.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat daraufhin einen Ordnungsruf von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eingefordert: Man werde sich diesen Umgang nicht gefallen lassen: „Wenn Nehammer davon spricht, er muss Wien vor einem Tsunami bewahren, frage ich mich: Aufgrund welcher Indizien, aufgrund welcher Zahlen wird eine solche Terminologie verwendet?“
Nehammer bleibt bei seinem Hilfs-"Angebot" an Wien
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Dienstagabend noch einmal sein "Angebot" an die Stadt Wien erneuert, Contact Tracing mit Hilfe der Polizei durchzuführen, um Infektionsketten zu durchbrechen. "Mein Angebot steht", sagte er in der ORF-"ZiB2". Vorwürfe, er hätte während der Coronakrise zu den Ausgangsregeln die Unwahrheit gesagt, wies er zurück.
Georg Renner