Es mutet äußerst skurril an: Da soll der Nationalrat nächste Woche das Bundesbudget für 2020 beschließen, allerdings auf Basis von Berechnungen, die vor Ausbruch der Coronakrise vom Finanzministerium erstellt worden sind, als man noch von einem Nulldefizit ausging. Der Einwand der Opposition, dass die Kalkulationen als „Altpapier in den Mistkübel“ wandern sollten, perlt an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) unverständlicherweise ab. Der Aufforderung der Opposition, neue Zahlen vorzulegen, will Blümel nicht nachkommen.
Nur "technische Updates"
Die Kleine Zeitung ist auf der Suche nach den Daten fündig geworden. In der 146-seitigen Budgetanalyse des Budgetdienstes des Parlaments finden sich die Kalkulationen, die das Finanzministerium Ende April als „technische Updates zum Stabilitätsprogramm“ nach Brüssel geschickt hat. So geht die Bundesregierung von einem gesamtstaatlichen Maastricht-Defizit von acht Prozent aus (statt eines für 2020 geplanten Überschusses von 0,7 Prozent), die Schuldenquote sollte um 11,1 Prozent auf 81,4 Prozent des BIP explodieren. Blümel rechnet mit gesamtstaatlichen Mindereinnahmen in Höhe von 11,5 Milliarden, die Hälfte der Summe entfällt auf die Steuerstundungen. Die Mehrausgaben durch Corona werden in dem internen Schreiben an Brüssel mit 30,5 Milliarden Euro beziffert. Im Parlament sprach Blümel von einer Überschreitungsermächtigung von 28 Milliarden Euro.
19 Milliarden sind bereits geflossen
Im Finanzministerium will man von den Zahlen nichts wissen. „Wir glauben, dass wir jede Zahl, die wir einmelden werden, nicht halten können“, erklärt ein Sprecher des Bundesministers. Von den 38 Milliarden Euro, die die Bundesregierung im Kampf gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie in die Hand nehmen will, seien bereits 19 Milliarden geflossen. Neun Milliarden verschlinge die Kurzarbeit, fünf Milliarden kosten die Steuerstundungen, die Garantien machen 3,3 Milliarden aus, für den Härtefonds seien 150 Millionen Euro geflossen. Im Ministerium wird beteuert, dass die meisten Pakete, die geschnürt wurden (Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Kunst, Gemeindeunterstützung), bereits eingerechnet worden sind.