Es mag im ersten Augenblick paradox erscheinen. Aber die SPÖ wird - wie am Sonntag in der Fraktion beschlossen wurde - am Montag im Bundesrat mittels Einspruchs gegen vom Nationalrat diese Woche beschlossene Gesetze ein baldiges Inkrafttreten eben dieser ermöglichen. Würde die SP-FP-Mehrheit in der Länderkammer nämlich weder zustimmen noch beeinspruchen, müssten die Materien bis zu acht Wochen liegen bleiben.
In der Sache bleiben die Sozialdemokraten freilich dabei, dass sie einige von der Koalition jüngst beschlossene Maßnahmen ablehnen. An der Spitze steht das Epidemiengesetz, wo auch der Persilschein durch führende Juristen kein Umdenken der SPÖ gebracht hat. Vielmehr beklagt man sich unverändert, dass das Gesetz ohne Begutachtung durchs Parlament gepeitscht wurde, unbefristet gilt und die Regelung einen Eingriff in verschiedene Grundrechtssphären, jedenfalls aber in die Versammlungsfreiheit darstellt.
Worum es beim Epidemiengesetz in erster Linie geht, ist eine Definition der im Zuge der Coronakrise geplanten Screening-Programme. Die Änderung legt aber auch fest, unter welchen Voraussetzungen (etwa Abstandregeln oder Mund/Nasen-Schutz-Pflicht) Veranstaltungen oder Demonstrationen künftig stattfinden dürfen. Auch bestimmte Personengruppen können ausgeschlossen werden. Ausgeschlossen als Kriterien werden hier aber neben der Verwendung von Contact-Tracing-Technologien ein Abstellen auf Corona-Risikogruppen, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, Religion, Weltanschauung und sexuelle Orientierung.
Neben dem Epidemiengesetz sind auch noch weitere Einsprüche sowohl von der SPÖ als auch von den Freiheitlichen avisiert, etwa beim Härtefallfonds durch die Sozialdemokraten. Hier wird das Gesetz aber wohl durchgehen, da die FPÖ im Nationalrat mit der Koalition gestimmt hat. Die Video-Verhandlungen auch im Zivilrecht sowie die Aufdotierung der Notstandshilfe werden im Bundesrat ebenfalls eine Mehrheit erhalten.
Verzögerungen könnte es dagegen etwa bei der Gutscheinlösung für ausgefallene Sport- und Kulturveranstaltungen geben, wo im Nationalrat Rot und Blau dagegen gestimmt haben.
Durch die aktiven Einsprüche kann der Nationalrat bereits in den nächsten Tagen die eigenen Beschlüsse mittels Beharrungsbeschluss umsetzen. Eine Sitzung wäre etwa Donnerstag oder Freitag möglich. Ein bindendes Veto kann der Bundesrat nämlich nur in Ausnahmefällen einlegen, etwa bei Verfassungsgesetzen oder Bestimmungen, durch die Kompetenzen der Länder eingeschränkt werden.